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FC Bayern: Hansi Flick hat ein Luxusproblem – das liegt an diesen beiden Bayern-Stars

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Schalkes Amine Harit fährt Joshua Kimmich (r.) in die Parade. Leon Goretzka (l.) und Thiago schauen zu. bild: imago images/sven simon
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Flick hat ein Luxusproblem – und das liegt an diesen beiden Bayern-Stars

Das vermeintliche Spitzenspiel des 19. Spieltags entwickelte sich rasch zu einer einseitigen Angelegenheit. Der FC Bayern München dominierte den FC Schalke 04 über weite Strecken, gerade weil er im Mittelfeld deutlich überlegen war – zwei Spielern sei Dank, von denen man lange dachte, dass sie nicht harmonieren können.
29.01.2020, 16:4929.01.2020, 18:38
constantin eckner
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Lange Zeit schien es beim FC Bayern nahezu unmöglich, Kimmich und Thiago zusammen ins Mittelfeld zu integrieren. Kimmich sollte häufiger im Zentrum spielen und nicht mehr auf der Rechtsverteidigerposition, weil er aufgrund seiner Spielintelligenz und Passstärke dort noch mehr Einfluss aufs Offensivspiel der Mannschaft nehmen kann.

Dadurch verdrängte er in dieser Saison des Öfteren Thiago von dessen angestammter Position vor der Abwehr. Cheftrainer Niko Kovač steckte deshalb den Spanier mehrmals in eine offensivere Rolle, in der er sich nur schwerlich zurechtfand. Oftmals rückte Thiago auf die Flügel und fand sich in einer für ihn alles andere als optimalen Umgebung wieder.

Was tun mit Kimmich und Thiago?

Nun scheint Kovačs Nachfolger Hansi Flick eine Lösung gefunden zu haben. Im Vergleich zum 4:0-Sieg gegen Hertha BSC in der Vorwoche stellte der 54-Jährige im Mittelfeld seine Mannschaft ein wenig um: Er setzte Philippe Coutinho auf die Bank, stellte Leon Goretzka weiter nach vorn und positionierte Thiago direkt neben Kimmich vor der Abwehr.

Joshua Kimmich (l.) und Thiago.
Joshua Kimmich (l.) und Thiago.bild: imago images/Bernd Feil/M.i.S.

In diesem 4-2-3-1-System konnten alle drei Akteure im Zentrum ihre Stärken entwickeln. Goretzka blühte im Schatten von Mittelstürmer Robert Lewandowski als eine Art moderne Version von Michael Ballack, also als physisch präsenter Zehner, auf. Mit Dynamik stieß er häufig in der zweiten Welle in den Strafraum vor und überwältigte die Schalker Verteidigung. Derweil betrieben Kimmich und Thiago Aufgabenteilung im Mittelfeld.

FC Bayern: Thiago und Kimmich wie einst Kroos und Modric

Nun war die taktische Maßnahme von Flick alles andere als revolutionär. Schon viele Trainer haben zwei spielstarke Mittelfeldspieler nebeneinander positioniert und von der gemeinsamen Spielstärke der beiden profitiert. Wichtig war aber im Vergleich zur jüngeren Vergangenheit, dass auch die situative Rollenverteilung stimmte.

Das bedeutet: Wenn sich beispielsweise Kimmich zurückfallen ließ, um Bälle zwischen den Verteidigern abzuholen, dann ging Thiago ein Stück weiter nach vorn. Wenn Thiago im rechten Halbraum den Ball aufnahm und sich ins offene Feld drehte, dann stellte sich Kimmich diagonal in den linken Halbraum. Die beiden ähneln sich gerade im Spielaufbau, standen sich aber eben nicht auf den Füßen.

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In gewisser Weise glich das Zusammenspiel der beiden jenem vom Toni Kroos und Luka Modrić in deren Glanzzeit bei Real Madrid. Kimmich war der Kroos-artige strategische Ballverteiler und Organisator, während Thiago in Modrić-Manier vor allem in der gegnerischen Hälfte feine Flachpässen durch die Schnittstellen der gegnerischen Abwehr – oder gelegentlich auch schlichtweg durch die Beine der Verteidiger – spielte.

IPP20181127 Football - soccer: UEFA Champions League 2018/2019, AS Rom - Real Madrid, l abbraccio tra Luka Modric e Toni Kroos (Verwendung nur in Deutschland - GERMANY ONLY) *** IPP20181127 Football s ...
Luka Modrić (l.) und Toni Kroos.bild: imago images/HochZwei/Syndication

Interessant sind die Ähnlichkeiten zwischen Kimmich und Kroos auch deshalb, weil beide in der deutschen Nationalmannschaft zusammen im Mittelfeld spielen und es ihnen dort gelingt, eine Rollentrennung vorzunehmen, was für das ausgeprägte Spielverständnis der beiden spricht.

Schalke war gegen Bayern komplett überfordert

Dass die beiden jedoch auch so wirbeln konnten, hatte mit dem Gegner zu tun. Schalke-Trainer David Wagner entschied sich dafür, bei der Rautenformation (4-3-1-2) zu bleiben. Dadurch waren seine Spieler aber in einigen Zonen in Unterzahl oder sie wurden durch die Bewegungen der Bayern zu Verschiebungen gezwungen, die dann wiederum defensive Instabilität erzeugten.

Ein Beispiel: Linksverteidiger Alphonso Davies zog vielfach seine Sprints auf der linken Seite an, weshalb er Daniel Caligiuri, der eigentlich auf Halbposition im Mittelfeld spielte, dazu zwang ihn auf dem Flügel zu verfolgen. Nun ergab sich in Caligiuris eigentlicher Zone ein Loch, in das dann Thiago hineingehen konnte.

Philippe Coutinho (l.) kommt für Thiago ins Spiel.
Philippe Coutinho (l.) kommt für Thiago ins Spiel.Bild: imago images / Passion2Press / markus fischer

Zudem hatten Thiago und Kimmich oftmals eine Überzahlsituation gegen Amine Harit. Ließ sich einer der beiden Bayern-Spieler zurück- und damit zwischen die Innenverteidiger fallen, verfolgte Harit diesen. Folglich standen drei Bayern-Spieler (zwei Innenverteidiger und der erwähnte Mittelfeldspieler) gegen drei Schalker (zwei Stürmer und Harit).

Doch im Rücken der Schalker tauchten direkt zwei weitere Bayern-Spieler auf, nämlich der verbliebene Mittelfeldspieler sowie Goretzka. Die restlichen Schalker wie etwa Caligiuri und auch Suat Serdar konnten sie jedoch nicht unmittelbar attackieren, weil sie ihrerseits auf die aufrückenden Außenverteidiger der Bayern, also der erwähnte Davies und auch Benjamin Pavard, achten mussten. Die Hausherren hatten also entscheidende Feldvorteile.

Flick wird künftig gewiss von Spiel zu Spiel entscheiden, welche Mittelfeldvariante er wählt. Coutinho wird wie gegen Hertha auch seine Einsätze in der Startelf erhalten, was im Umkehrschluss einen Bankplatz für Thiago zur Folge haben könnte. Doch für den bayerischen Cheftrainer sind solche Wahlmöglichkeiten ein absolutes Luxusproblem. Dass sich mit der Leihe von Álvaro Odriozola die personelle Situation in der Außenverteidigung entspannt, kommt begünstigend hinzu. Denn nun muss Kimmich wohl nur noch selten auf der Außenbahn aushelfen und kann sich viel häufiger im Mittelfeld tummeln.

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