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Frankreichs komplette Regierung tritt zurück

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (r.) und sein bisheriger Premierminister Édouard Philippe.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (r.) und sein bisheriger Premierminister Édouard Philippe.Bild: abaca / Blondet Eliot/ABACA
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Nach Rücktritt der Regierung: Macron ernennt neuen Premierminister

03.07.2020, 09:4303.07.2020, 13:23
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Die französische Regierung unter Premierminister Édouard Philippe (49) ist komplett zurückgetreten. Das teilte der Präsidentenpalast am Freitag in Paris mit. Philippe habe bei Präsident Emmanuel Macron den Rücktritt eingereicht, dieser habe ihn angenommen.

Der Schritt wurde erwartet, da Präsident Macron nach dem Debakel seines Lagers bei den Kommunalwahlen seine Politik neu ausrichten will. Dafür soll die Regierung umgestaltet werden. "Ökologischer Wiederaufbau" ist dabei eines der Schlagworte von Macron.

Gemeinsam mit den Regierungsmitgliedern ist Philippe nun bis zur Ernennung der neuen Regierung für die Behandlung der laufenden Angelegenheiten zuständig, hieß es weiter aus dem Élyséepalast.

Philippe führt die Mitte-Regierung seit Mai 2017. Der ursprünglich aus dem Lager der bürgerlichen Rechten stammende Politiker hatte Ende Juni die Kommunalwahl in der nordfranzösischen Hafenstadt Le Havre für sich entschieden.

Castex wird neuer Premierminister

Unklar war zunächst, ob der 49-Jährige eine neue Regierung unter Macron führen würde. Am Freitagmittag ernannte Macron dann den 55 Jahre alten Jean Castex zum neuen Premierminister. Castex hatte während der Corona-Krise die Lockerungen im Land koordiniert.

03.07.2020, Frankreich, Paris: @ Pool/ Stephane Lemouton/Maxppp,
Le 03/07 Macron nomme Jean Castex Premier ministre 
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Jean Castex choosen as the new french Prime Minister by Emmanuel Macron ...
Jean Castex ist neuer Premierminister Frankreichs.Bild: MAXPPP

Wann eine neue Regierung ernannt wird, ist bisher noch nicht klar. Es wird erwartet, dass dies in den kommenden Tagen geschieht. Er hatte in Interviews mit Regionalzeitungen angekündigt, die Regierungsmannschaft austauschen zu wollen.

Macron war nach der Endrunde der Kommunalwahlen Ende Juni erheblich unter Druck geraten, da sich sein Mitte-Lager bis auf wenige Ausnahmen nicht in großen Städten durchsetzen konnte. Stattdessen gab es eine "grüne Welle" – Grüne und ihre Verbündeten eroberten große Städte wie Lyon, Straßburg oder Bordeaux. In der südwestfranzösischen Stadt Perpignan setzte sich ein Kandidat der Rechtsaußenpartei Rassemblement National (RN früher Front National) durch.

Über die politische Zukunft Philippes wird seit Monaten spekuliert. Während der schweren Corona-Krise hatte es Spannungen an der Spitze des Staates gegeben. So drückte Macron beim Lockern der strikten Ausgangsbeschränkungen aufs Tempo, während Philippe bremste.

In Beliebtheitsumfragen schneidet der hünenhafte Politiker wesentlich besser ab als Macron. Philippe hatte in der Corona-Krise, die Frankreich mit rund 30.000 Toten schwer traf, als ruhig wirkender Krisenmanager deutlich an Statur gewonnen.

Philippe: Aufstieg dank Macron

Philippe hat seinen Aufstieg Macron zu verdanken. Dieser machte den einstigen Vertrauten des konservativen Politikers Alain Juppé vor gut drei Jahren zum Regierungschef. Dies war auch ein deutliches politisches Zeichen: Macron wollte der gemäßigten Rechten signalisieren, dass er auf sie zugeht und sie einbinden will.

Wie Macron ist Philippe Absolvent der Elitehochschule ENA – diese ist Frankreichs Kaderschmiede für Topposten im öffentlichen Dienst. Das Abitur legte Philippe in Bonn ab, wo sein Vater die französische Auslandsschule leitete. In seiner Jugend engagierte sich Philippe zunächst bei den Sozialisten, bevor er sich dem bürgerlichen Lager zuwandte.

Premierminister haben in Frankreich einen schwierigen Stand, da üblicherweise der Staatspräsident im Rampenlicht steht und die großen Linien vorgibt. So vertritt der Staatschef Frankreich bei EU-Gipfeln oder anderen internationalen Spitzentreffen. Der damalige konservative Präsident Nicolas Sarkozy, der von 2007 bis 2012 regierte, bezeichnete seinen Premier François Fillon einmal herablassend als seinen "Mitarbeiter".

(om/dpa)

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