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Mutter-Kolumne: "Sie werden so schnell groß" – ja, hoffentlich!

Unsere Autorin kann es kaum erwarten, dass ihr Sohn groß wird und sie ihr altes Leben zurückbekommt. (Symbolbild)
Unsere Autorin kann es kaum erwarten, dass ihr Sohn groß wird und sie ihr altes Leben zurückbekommt. (Symbolbild)Bild: Getty Images
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Mutter-Kolumne: "Sie werden so schnell groß" – ja, hoffentlich!

"Schonungslos ehrlich" – die Mama-Kolumne ohne Insta-Filter
21.03.2021, 14:1021.03.2021, 16:49
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Einer von vielen Hass-Sätzen, den ich seit drei Jahren von Omis auf der Straße genauso wie von befreundeten Müttern zu hören bekomme, deren Kinder älter sind: "Genieße die Zeit, solange sie noch klein sind. Es geht so schnell vorbei." Am liebsten möchte ich jedes Mal laut ausrufen: "Ja, hoffentlich! Ich kann es nämlich kaum erwarten!"

Endlich vorbei

Endlich das Wort Phase für immer aus meinem Wortschatz streichen. Endlich den Windeleimer abschaffen und nie wieder beim Öffnen am liebsten hineinkotzen wollen. Endlich das Babyphone symbolisch mit einem Hammer zertrümmern.

Endlich wieder Bücher kaufen, die nichts mit dem Thema Kind zu tun haben und Zeit, sie zu lesen. Endlich wieder bei Schatzsuche an schnelle Notizen, Screenshots aus Zeitschriften und gesammelte Songs denken. Endlich wieder Mahlzeiten in Ruhe einnehmen und genießen, ohne das Kind mehrmals aufzufordern, sitzen zu bleiben oder das Essen nicht auf dem Boden zu verteilen. Endlich wieder bei Eskalation die Geburtstagsparty im Restaurant und später am Tresen meinen statt die Wutanfälle des Dreijährigen.

Endlich wieder Sonntagmorgen bis Mittag im Bett liegen, dabei Kaffee trinken, ohne dass er durch Sprungattacken verschüttet wird und vier Folgen der aktuellen Lieblingsserie am Stück glotzen. Endlich wieder das Haus ohne ein halbstündiges Anzieh-Drama im Winter verlassen. Endlich wieder unfassbar laut Musik beim Autofahren hören.

Endlich wieder Zeit für Gedankenspinnereien haben, eine Idee entwickeln, sie mit Freunden analysieren und davon überzeugt sein, sie umzusetzen.

Unsere Autorin berichtet über die unschönen Seiten des Mutterdaseins – schonungslos ehrlich.
Unsere Autorin berichtet über die unschönen Seiten des Mutterdaseins – schonungslos ehrlich.Bild: Emmy Lupin Studio
Unsere Autorin...
... wurde mit Anfang 30 Mutter. Und kommt noch immer nicht damit klar, dass ihr altes, schönes Leben seitdem vorbei ist. Sie ist wütend, dass Eltern nie den Mut hatten, zu erzählen, was es wirklich bedeutet, ein Kind zu haben. Aus diesem Grund legt sie alle zwei Wochen den Finger in die Wunde – und berichtet schonungslos. Und weil sie weiß, dass Mütter sehr giftig werden können, wenn es um ihr Heiligstes geht, bleibt sie lieber anonym. Die täglichen Entrüstungsstürme ihres Sohnes reichen ihr völlig aus.

Endlich wieder ein Möbelstück kaufen, ohne darüber nachzudenken, ob der Stoff mögliche Flecken kaschieren könnte. Endlich wieder Urlaubsreisen in grandiose Designhotels planen, in denen bereits der Anblick und die magische Atmosphäre entspannen.

Endlich wieder essen gehen und sich spontan betrinken, weil ein Kater am nächsten Tag kein Weltuntergang bedeutet.

Endlich wieder sinnvolle Gespräche führen, ohne unterbrochen zu werden. Endlich alle Kinderlieder aus der Mediathek löschen und nie mehr zusammenzucken, weil auf "Another World" von The Chemical Brothers "Aramsamsam" von den Kita-Fröschen folgt.

Endlich wieder ein Ohr und die Kraft für die Probleme anderer haben. Endlich wieder dem kreativen Flow folgen, ohne die Schließzeit des Kindergartens im Auge zu behalten. Endlich wieder Städtetrips mit Freundinnen buchen, ohne vorher ein Betreuungsregiment anzufragen. Endlich wieder extravagante Designerkleidung für mich kaufen statt Matschhosen fürs Kind.

"Endlich alle Kinderlieder aus der Mediathek löschen und nie mehr zusammenzucken, weil auf 'Another World' von The Chemical Brothers 'Aramsamsam' von den Kita-Fröschen folgt."

Endlich wieder zu zweit im Bett schlafen und somit von weiteren Urinflecken auf dem Babykamelhaar-Topper verschont bleiben. Endlich wieder fünf Stunden im Café frühstücken und die Zeit vergessen. Endlich wieder jede, aber wirklich jede Woche ins Kino gehen.

Endlich auch mal zu denen gehören, die Babyphotos durchscrollen und dabei wehmütig werden.

Ich wünsche mir nichts mehr als endlich mal wieder Normalzustand

Jajaja. Kleine Kinder, kleine Probleme, große Kinder, große Probleme. Dieser Satz schafft es ebenfalls direkt in meine Top Five. Mir ist schon klar, dass Themen wie Mobbing, Schulverweigerung oder übermäßiger Alkoholkonsum mich in Zukunft noch mal ganz anders tangieren könnten. Dann würde ich mir zurückwünschen, mein Problem wäre, nachts die Laken zu wechseln und den inzwischen uringelb schimmernden Bett-Topper mit möglichst saugkräftigen Handtüchern auszupolstern.

Darum geht es aber gerade gar nicht.

Mich nervt, dass mir ständig andere Leute mein Empfinden absprechen. Indem sie suggerieren, ich müsste den Wahnsinn, in dem ich mich befinde, umarmen. Ihn pflegen, aufsaugen und archivieren. Dabei wünsche ich mir nichts mehr als endlich mal wieder Normalzustand.

Normal durchschlafen. Normal ungestört essen. Alltagsabläufe normal bestreiten. Und darüber hinaus wage ich den Gedanken, wie es wäre, mal wieder in die nächste Ebene schnuppern zu können. Genießen, feiern, abschalten, grenzenlos sein. Denn der Ausgleich fehlt so sehr. In Zeiten wie diesen sowieso noch viel mehr.

Zurück zum Ex – wie kann das funktionieren?

Kaum ist das Trennungsgespräch beendet, wünscht man sich den oder die Ex zurück. Mal ist es die Gewohnheit, die alles überragt, mal die Liebe, die nicht erblassen möchte. Und plötzlich sitzt man wieder Arm in Arm gemeinsam auf der Couch, als wäre nichts gewesen. Doch kann ein Beziehungs-Comeback gut gehen?

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