Von Regierungen erwartet ein Land Führung. Blöd nur für Deutschland, wenn gleich zwei von drei Regierungsparteien in diesen Tagen nach der richtigen Führung suchen. Während man in der SPD bereits offen um den Parteivorsitz kämpft, werden in der CDU immer wieder die Messer für erste Sticheleien gezückt.
Ziemiak wehrte sich gegen die vehemente Merz-Kritik an der Großen Koalition: "Das Erscheinungsbild ist nicht gut, es ist aber nicht so, dass es nur schlechte Dinge gab." Die CDU müsse klären, wofür die Partei eigentlich stehe und warum die Christdemokraten in den letzten Landtagswahlen so stark verloren haben.
Juso-Chef Kühnert vermisste derweil die Kanzlerin auf der politischen Bühne: "Wer hat denn ein letztes Zitat der Kanzlerin in Erinnerung? Jetzt nicht, dass sie sich freut, in Indien zu sein, sondern zu einer politischen Frage." Die CDU müsse Merkel bei ihrer "Führungslosigkeit und Orientierungslosigkeit" die "Beine machen".
Merkels frühe Ankündigung im vergangenen Jahr, nicht erneut als Kanzlerkandidatin anzutreten, habe die Unruhen in der CDU erst ausgelöst, analysierte derweil Kristina Dunz von der "Rheinischen Post".
Nicht besonders koalitionär ging Ziemiak in der ARD-Sendung dann SPD-Außenminister Heiko Maas an: "Dass ein deutscher Außenminister gemeinsam mit seinem türkischen Außenminister-Kollegen diesen Vorschlag der Verteidigungsministerin in der Türkei kritisiert, das ist wirklich eine Schande."
Kühnert ging darauf nicht groß ein, sondern arbeitete sich stattdessen an AKK ab: "Wir haben einen Sparringspartner, bei dem überhaupt kein einziger Ball zurückfliegt." Der Juso-Chef warf der CDU Regierungstätigkeit vor: "Wir kommen nicht zum Arbeiten."
Ziemiak warf der SPD "Ideen aus der Mottenkiste" vor, und erinnerte an die eigenen Papiere. Kühnert: "Keinen Mensch interessieren Ihre Papiere!"
Wenig später erklärte der Juso-Chef, dass "Koalitionsverträge auf vier Jahre nicht mehr der Geschwindigkeit entsprechen, in denen wir politische Debatten führen." Die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Bedürftigkeitsprüfung bei der Grundrente müsse entfallen, forderte der SPD-Politiker.
Kühnert und Ziemiak waren zwar beim Du, freundschaftlich gingen die beiden Nachwuchspolitiker dennoch nicht miteinander um. Kühnert nutzte die letzten Minuten der Sendung, um den CDU-Beschluss, der eine Koalition mit Linkspartei und AfD kategorisch ausschließt, zu verspotten: "Ich verstehe Eure Rolle. Ihr müsst die Linke bescheuert finden – aus ideologischen Gründen. Wenn Ihr die Bürotür zumacht, dann muss da eine Dartscheibe hängen mit dem Bild von Bodo Ramelow drauf, und dann könnt Ihr den ganzen Tag Pfeile drauf werfen, das ist kein Problem."
Während Kühnert sich unter großem Applaus vom Studio-Publikum feiern ließ, schüttelte Ziemiak den Kopf. Die Gleichsetzung von AfD und Linken erklärte Kühnert zur "Verharmlosung von jemandem, der nicht ohne Grund Faschist genannt werden darf." Ziemiak wehrte sich: "Ich würde Herrn Ramelow auch nicht mit Herrn Höcke vergleichen, ist doch logisch und selbsterklärend."
Der CDU-Politiker sieht in einer theoretischen Koalition seiner Partei mit den Linken den "Gipfel der Beliebigkeit". Wenn man das täte, dann verlöre man "zurecht" an Glaubwürdigkeit.
Ob man auch an Glaubwürdigkeit verliert, wenn man sich ständig mit seinem Koalitionspartner in der Öffentlichkeit zankt, sagte Ziemiak nicht.
(pb/mit dpa)