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Heinbergs-Studie: Strafanzeige gegen Virologe Streeck – das sind die Vorwürfe

09.04.2020, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Hendrik Streeck, Direktor des Institut für Virologie an der Uniklinik in Bonn, spricht während einer Pressekonferenz der Landesregierung. Die Landesregieru ...
Virologe Hendrick Streeck muss sich mit einer Strafanzeige auseinander setzen.Bild: dpa / Federico Gambarini
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Anzeige wegen Heinsberg-Studie: Das sind die Vorwürfe gegen Streeck

02.07.2020, 14:5002.07.2020, 15:10
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Die Heinsberg-Studie ist jetzt ein Fall für die Staatanwaltschaft. Wie das Wirtschaftsmagazin "Capital" berichtet, ging vergangene Woche eine Strafanzeige im Zusammenhang mit der Studie bei der Kriminalpolizei ein. Diese sei inzwischen an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden.

Darin werden unter anderem Vorwürfe gegen Studienleiter Streeck wegen Betrugs erhoben. Laut einem Bericht des Bonner "General-Anzeiger" ist die Anzeige um die 100 Seiten lang.

Dabei geht es vor allem um zwei Punkte. Wir fassen zusammen, was Streeck und seiner Studie vorgeworfen wird.

Wissenschaftler sollen falsche Angaben gemacht haben

Der Anzeigensteller, bei dem es sich um einen Wissenschaftler handeln soll, wirft Streeck offenbar vor, die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen getäuscht zu haben, um Drittmittel für die Studie einzuholen. Drittmittel sind Gelder, mit denen Wissenschaftler ihre Arbeit co-finanzieren. Ein Teil der Gelder kommt aus den Haushalten der Universitäten (und damit meist aus Steuergeldern, da die meisten Unis staatliche Einrichtungen sind).

  • Konkret soll Streeck vorgegeben haben, die Studie habe ein positives Votum der Ethikkommission der medizinischen Fakultät der Uni Bonn bekommen, obwohl dies zum fraglichen Zeitpunkt nicht der Fall gewesen sein soll. Streecks Team hatte der NRW-Regierung am 25. März erklärt, ein solches Votum liege vor.
  • Laut dem Eintrag zur Heinsberg-Studie im Deutschen Register für Klinische Studien (DRKS) wurde der Beschluss der Ethikkommission erst am 31. März ausgestellt – also erst nach dem Vertragsschluss zwischen Streeck und der Landesregierung, die die Heinsberg-Studie mit rund 65.000 Euro mitfinanzierte.
  • Dazu sagten die Wissenschaftler laut "Capital", es habe mehrere Voten der Ethikkommission gegeben. Ein positiver Bescheid soll demnach am 4. März ergangen sein. Ein weiteres positives Votum habe die Studie am 24. März erhalten, gefolgt von einem dritten am 31. März. In "Capital" betonen die Bonner Wissenschaftler: "Selbstverständlich kann eine Studie erst mit Vorliegen eines positiven Ethikvotums gestartet werden."

Studien mit Versuchspersonen können nach gängigen wissenschaftlichen Standards nur beginnen, wenn sie ein solches positives Votum einer Ethikkommission erhalten haben. Sollte dies bei Studienbeginn nicht der Fall gewesen sein, wäre das ein schwerer Verstoß, der unter Umständen sogar in Zurückziehung der Studie münden könnte.

Am Mittwochabend war Streeck bei "Markus Lanz" zu Gast, wo er auf die Anzeige angesprochen wurde. "Ich habe erst kurz vor der Sendung von der Anzeige erfahren. Die Studie ist sauber gelaufen", verteidigte sich der Virologe. Er betonte erneut, die Studie habe ein positives Votum erhalten.

Studie soll "erfundene Ergebnisse" geliefert haben

Außerdem habe der Virologe anstelle der mit dem Auftraggeber vereinbarten wissenschaftlich basierten Erkenntnisse und Fakten aber zum Teil "erfundene Forschungsergebnisse" geliefert, heißt es in der Anzeige laut "Capital"-Bericht.

  • Konkret geht es dabei offenbar um Aussagen im Zwischenbericht zur Heinsberg-Studie vom 9. April zu einem Zusammenhang zwischen Hygienemaßnahmen, der Viruskonzentration und dem Schweregrad einer Corona-Erkrankung. Vereinfacht gesagt: Händewaschen und Masketragen können zu einem milderen Verlauf von Covid-19 führen. Dazu seien in der Studie keine Daten erhoben worden, die einen wissenschaftlichen Befund stützen.
  • Dazu verwiesen die Wissenschaftler auf ihre Untersuchungen zu der Karnevalssitzung im Ort Gangelt, bei der sich viele Leute infizierten: Der entsprechende "Diskussionspunkt" des Zwischenberichts basiere "auf den Ergebnissen, die zeigen, dass der Schweregrad der Erkrankung bei Teilnahme an dem Super-Spreading-Event (mit entsprechend schlechten hygienischen Bedingungen) deutlich höher war als bei Personen, die nicht an einem solchen Event teilgenommen haben".

Dieser Vorwurf wiegt auch deswegen schwer, weil sich die NRW-Landesregierung auf eben jene Ergebnisse stützte, um ihren Kurs bei der Lockerung der Corona-Maßnahmen zur begründen.

Laut "Capital" ist in diesem Zusammenhang ebenfalls eine Strafanzeige gegen die Landesregierung eingegangen. Der Vorwurf: Die Regierung habe das angebliche Fehlverhalten der Bonner Wissenschaftler gedeckt. Bisher hat sich die Landesregierung nicht zu diesem Vorwurf geäußert.

(pcl)

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