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Was wir über den Corona-Ausbruch in der Mega-Fleischfabrik von Tönnies wissen

17.06.2020, Nordrhein-Westfalen, Rheda-Wiedenbrück: Ein Lastwagen verlässt das Werksgelände von Tönnies. Wegen des Corona-Ausbruchs ist der Schlachtbetrieb bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück gestoppt. D ...
Ein Lastwagen verlässt das Werksgelände von Tönnies. Wegen des Corona-Ausbruchs ist der Schlachtbetrieb bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück gestoppt.Bild: dpa / David Inderlied
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Was wir über den Corona-Ausbruch in der Mega-Fleischfabrik von Tönnies wissen

17.06.2020, 21:21
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Erneut gibt es einen folgenreichen Corona-Ausbruch einer Fleischfabrik: Beim Tönnies-Fleischkonzern im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück sind 657 Mitarbeiter positiv auf das Virus getestet worden, wie der Kreis Gütersloh am Mittwoch mitteilte.

Wie viele Menschen sind betroffen? Welche Folgen hat der Ausbruch? Wir geben euch Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Eure Fragen unsere Antworten
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Wie viele Menschen sind infiziert?

657 Mitarbeiter sind positiv auf das Virus getestet worden, wie der Kreis Gütersloh am Mittwoch mitteilte.

Dabei lagen zunächst erst 983 Ergebnisse der Testreihe des Kreises vor, 326 davon waren negativ. Insgesamt hatten die Behörden 1050 Tests für Beschäftigte des Unternehmens veranlasst. Möglicherweise gehen die Zahlen also noch etwas höher.

Was sind die Folgen für die Mitarbeiter und die Region?

7000 Menschen wurden unter Quarantäne gestellt. Betroffen seien alle Personen, die auf dem Werksgelände gearbeitet hätten, sagte Landrat Sven-Georg Adenauer (CDU) am Mittwoch. Sie würden nun nach und nach auf das Coronavirus getestet. Auch der Betrieb, der als größte Fleischfabrik in Europa gilt, wurde gestoppt.

Einen allgemeinen Lockdown für den Kreis gebe es nicht, obwohl die wichtige Marke von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen deutlich überschritten sei.

Der Kreis Gütersloh schloss außerdem umgehend alle Schulen und Kindertagesstätten bis zu den Sommerferien.

Woher kamen die Infektionen vermutlich?

Als mutmaßliche Gründe für die zahlreichen Infektionen nannte das Unternehmen die Rückkehr von Arbeitern nach Heimaturlauben. Viele der häufig aus Rumänien und Bulgarien stammenden Beschäftigten hätten die langen Wochenenden für eine Reise genutzt.

Außerdem beförderten offenbar gekühlte Räume das Übertragen des Virus auf viele Personen, so Tönnies-Vertreter Gereon Schulze Althoff. "Wir können uns nur entschuldigen", sagte Tönnies-Sprecher Andre Vielstädte. Man habe "intensiv" daran gearbeitet, das Virus "aus dem Betrieb zu halten".

Nach einem Ausbruch im Mai in einer Fleischfabrik im Kreis Coesfeld in NRW waren bei einem großangelegten Corona-Reihentest durch die Gesundheitsbehörden bei Tönnies zunächst nur wenige Fälle festgestellt worden. Nach Unternehmensangaben war allerdings bei späteren Tests ein Infektionsherd festgestellt worden.

Angesichts des Corona-Ausbruchs kritisierten Politiker von Grünen und SPD erneut die Zustände in der Fleischindustrie. "Die Gesundheit der Beschäftigten wird für die Profite der Fleischbarone aufs Spiel gesetzt", erklärte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. "Wo bleiben die großspurig angekündigten gesetzlichen Regelungen für den besseren Schutz der Beschäftigten, bessere Wohnbedingungen, mehr Hygiene und effektivere flächendeckende Kontrollen?"

Die SPD-Fraktionsvize Katja Mast nannte es "schlimm, dass es jetzt schon wieder einen so massiven Ausbruch gibt". "Es geht um hart arbeitende Menschen, oft aus ärmeren Teilen Europas, die häufig in Sammelunterkünften untergebracht sind." Es dürfe nicht sein, "dass lokale Lockerungen durch die Pandemieherde in der Fleischindustrie wieder gefährdet werden".

"Die Unterkünfte in der Fleischindustrie sind zum Teil katastrophal", sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Ob fehlender Brandschutz, Einsturzgefahr oder die Missachtung einfachster hygienischer Vorschriften: Hier wird - offenbar aus Gründen der Profitmaximierung – mit der Gesundheit der Beschäftigten gespielt." Dies sei "unverantwortlich".

Welche Auswirkungen haben die Fälle für Tönnies?

Wie die "Tagesschau" berichtet, soll nicht nur der Schlachtbetrieb geschlossen, sondern auch die weitere Produktion am Standort Rheda-Wiedenbrück heruntergefahren werden.

"Es wird zu einem Shutdown bei Tönnies kommen"
Landrat Sven-Georg Adenauer (CDU)

Der "Shutdown" bezieht sich auf eine Dauer von sieben bis 14 Tagen, wie Landrat Adenauer bekannt gab. Durch die Schließung des Schlachtbetriebs fehlen nach Angaben des Landrats 20 Prozent der Fleischprodukte auf dem deutschen Markt. Das sei kein Grund für Hamsterkäufe. "Aber das ist schon eine deutliche, hohe Zahl."

(vdv/mit dpa)

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