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Greta Shitstorm – PR-Gau für die Deutsche Bahn

Möchte nur nach Hause und muss sich dann von der Deutschen Bahn auf Twitter anpöbeln lassen: Greta Thunberg.
Möchte nur nach Hause und muss sich dann von der Deutschen Bahn auf Twitter anpöbeln lassen: Greta Thunberg.Bild: Screenshot von Twitter
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Die Deutsche Bahn versucht, Greta PR-Gau anzudichten – und blamiert sich

In ihrem Versuch, einen von Greta Thunberg unwillentlich ausgelösten Shitstorm einzufangen, blamiert sich die Deutsche Bahn gründlich.
17.12.2019, 09:12
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Zunächst die Fakten. Greta Thunberg twitterte am Samstagvormittag über ihre Reise mit der Deutschen Bahn und fügte ein Foto hinzu, das sie im Gang sitzend zeigt. Reisen in überfüllten Zügen, wer kennt's nicht. Am Wochenende – soviel weiß jeder, der schon mal Bahn gefahren ist – wahrlich keine Seltenheit.

Das Netz reagiert auf den Tweet, wie nicht anders zu erwarten: mit Spott gegenüber der Deutschen Bahn. Klar: Jeder hat sich schon mal über die Unpünktlichkeit des Unternehmens aufgeregt. Und Bilder von überfüllten Zügen triggern offenbar viele Menschen. So wird aus dem Beitrag von Greta, der wohl eher als "Endlich bin ich bald zuhause!"-Post gemeint war, schnell ein "Haha, die Deutsche Bahn ist schrecklich"-Tweet.

Die Bahn reagiert – und macht alles falsch

Und was macht die Bahn? Die bekommt offenbar mit, dass sie auf Social Media wieder einmal Kritik einstecken muss – und entscheidet sich für eine Gegenstrategie, die in einer Blamage endet. Die Bahn behauptet über ihren offiziellen Twitter-Account, man habe sich über Gretas Fahrt gefreut, nur um dann passiv-aggressiv nachzuschieben, sie hätte aber auch erwähnen können, wie toll und freundlich und kompetent sie betreut worden sei – und zwar in der Ersten Klasse.

So erweckte die Bahn, ob gewollt oder nicht, den Eindruck, Greta hätte das Foto lediglich inszeniert. Statt im Gang auf dem Boden zu kauern, habe sie gut betreut in der Ersten Klasse gesessen. Natürlich stürzen sich das Netz und zahlreiche Medien nun genau darauf: Noch lieber als über die Deutsche Bahn regen sich bekanntlich viele über die schwedische Klimaaktivistin auf.

Kein Deutsche-Bahn-Bashing

Allerdings: Ganz offensichtlich hat Greta keineswegs gelogen. In einem erneuten Tweet präzisierte sie, sie habe ab Göttingen einen Sitzplatz gehabt. Ihr Ursprungstweet hatte offenbar eine ganz andere Intention. Um Deutsche-Bahn-Bashing ging es ihr dabei wohl nicht – als Schwedin kennt sie diesen urdeutschen Brauch wahrscheinlich auch gar nicht. Volle Züge seien etwas Positives, weil es zeige, dass die Nachfrage nach diesem – vergleichsweise klimafreundlichen – Verkehrsmittel hoch sei.

Anstatt weiter zu twittern, entscheidet sich die Bahn nun dafür, eine Presseerklärung zu veröffentlichen. Kurioserweise bestätigt sie darin Gretas Darstellung – zumindest mit einem Eingeständnis:

"Zwischen Kassel und Hamburg ist Greta Thunberg – wie die zahlreichen weiteren Fahrgäste im Zug – freundlich und kompetent vom Zugteam der DB an ihrem Sitzplatz in der Ersten Klasse betreut worden."
Die Deutsche Bahn in einer Presseerklärung

Das bedeutet aber dann wohl auch, von Basel bis Kassel nicht. Zum Verständnis: Kassel liegt eine Station vor Göttingen.

Unsouverän und unnötig

So wird aus dem vermeintlichen PR-Gau der Klimaaktivistin ein PR-Gau der Deutschen Bahn. Selbst wenn man mal großzügig außer Acht lässt, dass die Bahn ohne Not die vermeintliche Zugnummer von Gretas ICE veröffentlichte, war der Umgang mit der Sache hochgradig unsouverän.

Dabei hätte doch alles so schön sein können: Greta fährt mit der Deutschen Bahn, die Bahn bedankt sich (wie gewohnt auf Englisch mit deutschem Akzent), Ende gut, alles gut.

Stattdessen versucht das Unternehmen ungeschickt, einen Shitstorm gegen sich selbst in Greta Thunbergs Richtung umzulenken. Das mag bei einigen eingefleischten Greta-Hatern kurzfristig gut ankommen, auf längere Sicht ist es einfach nur peinlich.

Inzwischen hat man das auch bei der Bahn offenbar eingesehen. Auf Anfrage von watson will man keine weiteren Statements mehr zu Gretas Zugfahrt abgeben. Vielleicht hätte man darauf auch schon etwas früher kommen können.

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