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Die Leipziger Autoritarismus-Studie im Überblick

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Jeder dritte Deutsche denkt ausländerfeindlich oder antisemitisch, warnt eine Studie

07.11.2018, 12:27
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Forscher der Uni Leipzig haben eine neue Studie zu Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus vorgestellt. Die Ergebnisse sind schockierend:

"Fast jeder dritte Deutsche vertritt ausländerfeindliche Positionen."

Aussagen, nach denen Ausländer den deutschen Sozialstaat ausnutzen oder das Land "überfremden", stimmt in Ostdeutschland fast jeder Zweite zu, wie die Forscher in einer Pressemitteilung erklären. Im Westen teile immer noch knapp jeder Dritte solche Positionen.

Über die Studie:
Die "Autoritarismus-Studie" wird vom Kompetenzzentrum für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung der Universität Leipzig in Kooperation mit der Heinrich-Böll- und der Otto Brenner Stiftung erstellt. Die Leipziger Forscher beobachten die Entwicklung autoritärer und rechtsextremer Einstellungen in Deutschland laut eigenen Angaben bereits seit 2002.

Das sind die wichtigsten Erkenntnisse der Studie im Überblick:

Steigende Ausländerfeindlichkeit

"Die Ausländerfeindlichkeit ist im gesamten Land immer stärker verbreitet, das zeigt unsere aktuelle Befragung ganz deutlich", sagte Studienleiter Dr. Oliver Decker laut der Pressemitteilung.

Ebenfalls rund 36 Prozent halten die Bundesrepublik demnach "durch Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet". 

Der Studienleiter erklärte:

"Damit beobachten wir hohe Zustimmungswerte für die Einstellung, die in der Forschung als 'Einstiegsdroge' in den Rechtsextremismus gilt: Die Hemmschwelle, diesen rechtsextremen Aussagen zuzustimmen, ist besonders niedrig."

Decker weiter: Wer rechtsextrem sei, wende sich von den Volksparteien ab "und findet seine neue Heimat bei der AfD".

Fast jeder Dritte stimmt antisemitischen Aussagen zu

Die Studie kommt außerdem zu dem Schluss, dass Antisemitismus immer noch weit verbreitet ist. In Westdeutschland habe die Zustimmung zu antisemitischen Aussagen abgenommen – im Osten sei sie dagegen leicht angestiegen.

Bundesweit finde jeder Zehnte ausdrücklich, dass "Juden etwas Besonderes an sich haben und nicht so recht zu uns passen". Weitere 20 Prozent würden dieser Aussage zumindest teilweise zustimmen.

Auch die Aggression gegen Sinti und Roma, Asylbewerber und Muslime nehme kontinuierlich zu. 55 Prozent der Deutschen würden sich "durch die vielen Muslime als Fremde im eigenen Land" fühlen. 2010 seien das noch 33 Prozent gewesen.

60 Prozent stimmen demnach außerdem der Aussage zu, dass "Sinti und Roma zur Kriminalität neigen".

40 Prozent zeigen einen autoritären Charakter

Eine der Hauptursachen für rechtsextreme Einstellungen sei der "Autoritarismus als Persönlichkeitseigenschaft", schreiben die Leipziger Forscher.

Was das heißt, beschreiben sie so:

"Menschen mit autoritärem Charakter neigen zu rigiden Ideologien, die es gestatten, sich gleichzeitig einer Autorität zu unterwerfen, an ihrer Macht teilzuhaben und die Abwertung anderer im Namen dieser Ordnung zu fordern."

Sie kommen zum Schluss: Etwa 40 Prozent der Deutschen zeigen Merkmale eines autoritären Charakters. Nur 30 Prozent seien hingegen ausdrücklich demokratisch orientiert.

Oliver Decker sagt:

"Den Wunsch, Andersdenkende auszugrenzen, teilen zwei Drittel der Deutschen."

Nicht alles entwickelt sich schlecht!

Die Studie kommt jedoch auch zu dem Schluss, dass die Demokratie-Zufriedenheit gestiegen ist.

Vor allem im Osten sei die Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie von 27,3 im Jahr 2006 bis auf 46,9 Prozent heute angestiegen.

Es müsse jedoch zu denken geben, "dass mit der tatsächlichen Praxis der Demokratie nur etwa die Hälfte der Befragten zufrieden ist", erklärte Oliver Decker. Das Gefühl, selbst Einfluss auf die Politik nehmen zu können, sei gering ausgeprägt.

(fh)

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Video: watson/Max Biederbeck, Lia Haubner

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