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Stuttgart: Getränkemarkt verbannt Einweg-Plastikflaschen, "Resonanz sensationell"

Hans-Peter Kastner hat ein Stoppschild über den Plastikflaschen in seinem Getränkemarkt installiert.
Hans-Peter Kastner hat ein Stoppschild über den Plastikflaschen in seinem Getränkemarkt installiert.Bild: picture alliance/dpa/marijan murat
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Getränkehändler verbannt Einweg-Plastikflaschen – die Reaktion der Kunden überwältigt ihn

08.07.2019, 17:2108.07.2019, 17:45
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Ein Beitrag eines Getränkemarkts bei Stuttgart auf Facebook sorgte vor drei Wochen für Aufsehen. In dem Laden hatten sich innerhalb von zwölf Wochen einiges an Plastikmüll und Wut angesammelt. Geschäftsführer Hans-Peter Kastner hatte genug.

Er schrieb damals eine Art offenen Brief, der sich sowohl an seine Kunden, als auch an Nicht-Kunden wandte. Kastner berichtete in seinem Beitrag: Seine Mitarbeite rund er hätten 10.400 Einweg-Flaschen in zwölf Wochen gesammelt.

Er kritisierte die Bequemlichkeit sowie die Ignoranz der Menschen, und machte auf die ökologischen und wirtschaftlichen Folgen eines solchen Plastikmüllbergs aufmerksam. Der Post zog tausende Reaktionen nach sich und brachte den kleinen Getränkemarkt in Vaihingen in die Schlagzeilen.

Nun hat die "Bild"-Zeitung noch einmal mit Kastner mit ihm über die Reaktionen auf seinen Wutbrief gesprochen.

Kastner selbst zog bereits Konsequenzen: Ab dem 1. August wird er alle Einweg-Plastikflaschen und Dosen aus dem Sortiment seines Getränkehandels verbannen.

"Resonanz der Kunden ist sensationell!"

Gegenüber der "Bild"-Zeitung sagt Kastner: "Die Resonanz unserer Kunden ist sensationell! Gefühlt tragen hundert Prozent unseren Entschluss mit und unterstützen uns." Außerdem ist Kastner der Meinung, eine Lawine losgetreten zu haben. Zwei Hoteliers aus der Schweiz, die auf Mehrweg umstellen wollen, hätten ihn kontaktiert. Auch der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels (BV-GFGH) steht laut einer Interview-Aussage komplett hinter ihm.

Die 3 großen Probleme bei Einweg-Plastikflaschen:
Umweltverbände kritisieren das System der Einweg-Flaschen seit Jahren.

Ein großes Problem ist: Neue Einweg-Plastikflaschen bestehen längst nicht nur aus recycelten Flaschen. Laut dem Naturschutzbund Deutschland (Nabu) werden neue PET-Flaschen aus mehr als 70 Prozent Neumaterial gefertigt. Und das wiederum wird aus Erdöl oder Erdgas hergestellt.

Ein weiteres Problem: Seit 2003 sind PET-Einwegflaschen zwar pfandpflichtig. Aber die Menge an diesen Flaschen nimmt immer weiter zu, während die umweltverträglicheren PET-Mehrwegverpackungen innerhalb von zehn Jahren über 20 Prozent Marktanteil verloren haben, wie der Nabu weiter berichtet.

Und schließlich ist da noch der sogenannte "Pfandschlupf". Damit werden alle jene Einwegflaschen und -dosen bezeichnet, die von Kunden nach dem Verzehr nicht zurückgebracht werden. Laut dem Naturschutzbund Deutschland trifft das auf vier Prozent aller abgefüllten Einwegflaschen und -dosen zu. Die Hersteller und Abfüller würden dadurch circa 180 Millionen Euro einnehmen, weil sie das Pfand nicht zurückzahlen müssen.

Der "Bild"-Zeitung erklärte Kastner, was passiere, wenn er mit Vertretern der Industrie über die Probleme bei Einweg-Flaschen spreche: "Wenn ich sie anspreche und mit ihnen über das Plastik reden will, haben sie keine Zeit. Die versuchen, mich zu meiden und erklären in Mitteilungen, wie toll die PET-Flaschen sind und dass die Recycling-Quote bei hundert Prozent liegen soll."

Dass Kastner so viel Rückendeckung erhält, mache ihn stolz: Er habe aus ganz Deutschland Zuschriften erhalten, dass Leute wegen seines Facebook-Aufrufs auf Glasflaschen umgestiegen seien.

Die Reaktionen auf den Post von Hans-Peter Kastner zeigen, wie sehr Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit die Menschen derzeit umtreiben.

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Bild: dpa/Marijan Murat

Von der Politik wünscht Kastner sich konsequentere Maßnahmen. Ein Vorschlag von ihm lautet, dass Leute, die Plastikflaschen kaufen, auch belastet werden sollten: "50 Cent Pfand pro Flasche – und dann bekommen sie nur 25 Cent wieder, die anderen 25 Cent fließen in Öko-Maßnahmen. Zum Beispiel, damit man gutes Bioessen bezahlbar machen kann", zitiert ihn die "Bild".

Denn: Nur neue Steuern würden nicht reichen, betont der Getränkehändler. "Denn eine Familie kann man zurzeit gar nicht ökologisch sinnvoll ernähren. Das kann sich keiner leisten."

(as)

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