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Wird es 2019 kein YouTube mehr geben? Das ist Quatsch

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Bild: imago/youtube screenshot/montage
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"Bleibt stark" – warum die Panik unter Bibi-Fans Quatsch ist

07.11.2018, 17:0707.11.2018, 17:45
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Ein Video vom Kanal "Wissenswert" ist Schuld daran, dass eine Welle von Angst und Panik YouTuber und Fans gleichermaßen erfasst hat. Seit fünf Tagen ist das Video mit dem Titel "Warum es YouTube nächstes Jahr nicht mehr gibt" online, hat über 3,3 Mio. Aufrufe und es hat viele andere YouTuber dazu gebracht, dystopische Videos mit dieser Fragestellung zu produzieren.

Worum geht's?
Grund für die Panik ist eine Urheberrechtsreform über die das Europaparlament Mitte September abgestimmt hat.

Heftig gestritten wird dabei vor allem um Artikel 13. Der soll festlegen, dass es sogenannte Upload-Filter für Plattformen – wie vor allem YouTube, aber auch Instagram oder Facebook – geben muss. Denn: In Artikel 13 steht, dass Plattformen künftig die Haftung des Copyrights für die Inhalte, die Nutzer bei ihnen hochladen übernehmen müssen. Damit Inhalte, in denen du zum Beispiel die Musik von Taylor Swift (und an denen hat sie die Rechte, nicht du)  verwendest, nicht auf der Plattform landen, würden wahrscheinlich Upload-Filter greifen.

Die Filter stehen in der Kritik – die Angst vor "overblocking" und Zensur geht um. Diese Angst befeuern "Wissenswert" und Co. und zeichnen ein apokalyptisches Bild von einem YouTube 2019. Ein YouTube auf dem nur noch große Medienkonzerne als Publisher agieren können, ein YouTube, dass 2019 tot sein wird, ein YouTube-Horrorfilm, der Realität werden wird.

Aber: Artikel 13 ist nach wie vor lediglich ein Gesetzesentwurf über den das europäische Parlament, der Rat, der die Regierungen der Mitgliedsstaaten vertritt und die EU-Komission noch final abstimmen müssen. Diese Abstimmung findet wahrscheinlich im Mai 2019 statt und selbst wenn Artikel 13 dann beschlossen wird, wissen wir nicht, wie Plattformen das Gesetz umsetzen werden.  
dpa

Wie stark die Verunsicherung bei den Fans greift zeigt der Fall "Bibis Beauty Palace" – ihre Kommentarspalten werden regelrecht überflutet und zwar mit der Forderung, dass sie sich zum Thema äußern soll.  Inzwischen gibt es auch Gegenvideos, wie das von "MrWissen2Go", der einen Faktencheck verfasst hat und erklärt, weshalb es Quatsch ist, dass YouTube 2019 sterben wird. 

Welch absurden Dimensionen die Panikmache um ein YouTube-Aus 2019 inzwischen angenommen hat, sieht man unter dem letzten Video von "Bibis Beauty Palace". Eigentlich geht es um den "Monatstag" des gemeinsamen Kindes von Bibi und "Julienco" – doch die Kommentarspalte des Videos ist voll von Hinweisen auf Artikel 13. Beispielsweise steht dort: 

"Bibi seid ihr nicht traurig das YouTube gelöscht wird?also ich finde es richtig blöd man hat so lange gekämpft für seine Abos,Likes und Aufrufe und jetzt wird alles zerstört😭😭😭😭😭Wer der gleichen Meinung ist Liket diesen Komentar ich hoffen die YouTube Chefin sieht das und rendert ihre Meinung!!!!!!😭😭😭😭"
Michelle und Raphael Renner auf YouTube

oder:

"#saveyourinternet 😭😭😭❤️❤️❤️ich will nicht das euer Kanal gelöscht wird😭😭❤️❤️❤️❤️könnt ihr mal an einem Video extra darauf eingehen?😘❤️❤️❤️❤️hab euch lieb 😘❤️bleibt stark❤️"
Sophia Wolf auf YouTube

Unter diesem Video findest du die Forderungen: 

Die Kommentare zeigen eine Sache sehr deutlich: "Wissenswert" und alle anderen Content Creator, die apokalytische Videos zum Thema "YouTube wird 2019 sterben gemacht haben, haben es geschafft, bei der Community Panik zu verbreiten. Die Angst scheint so groß, dass sie es für nötig halten unterm einem Video ein Statement von "Bibis Beauty Palace" einfordern.

Dabei spielt es keine Rolle, dass es im Video um das neugeborene Kind der Influencerin geht. Dabei spielt es keine Rolle, dass "Bibis Beauty Palace" ein Kanal mit einem völlig unpolitischen Konzept ist. Umso wichtiger ist es, dass "MrWissen2Go" in einem Video nun die Fakten gecheckt hat. 

Darum wird YouTube 2019 nicht sterben

Im Video von "Wissenswert" heißt es:

"Und so plant YouTube einfach alle europäischen Kanäle, die nicht zu einem großen Medienkonzern gehören, zu löschen."

Warum das nicht stimmt, erklärt "MrWissen2Go" in seinem Faktencheck-Video. Zusammengefasst lässt sich einfach sagen: Artikel 13 ist dafür da, denjenigen, die an etwas ein Urheberrecht haben, auch das Geld dafür zu geben. Das ist zum einen nur fair und funktioniert – wie andere Fälle, beispielsweise der Fall "Gema" gezeigt haben auch. 

Hier das ganze Video: 

Wir haben die wichtigsten Aussagen zusammengefasst: 

Es wird keine Memes mehr geben!

"An der Sache mit dem Memes ist eher nichts dran. (…). Es soll gewährleistet sein, dass Inhalte in diversen Formen und zu unterschiedlichen Zwecken (hochgeladen) oder (bereitgstellt werden) können, unter anderem zur Veranschaulichung von Gedankengut, zur Äußerung von Kritik oder zwecks Parodie oder Persiflage.“

"Memes sollen so weiterhin möglich sein. Außerdem sollen die Plattformen gewährleisten, (…), dass wirksame und zügige Beschwerde- und Rechstbehelfsmechanismen zur Verfügung (stehen).'"

Fazit: Im Bereich Memes und Ironie wird sich durch Artikel 13 vermutlich wenig ändern. 

Aber der Upload-Filter zensiert doch oder? 

"Aus dem Entwurf für die Richtlinie ist das Wort Filter inzwischen verschwunden. (...)"

Offen ist die Frage: Wie Urheberrecht stärken und auf der anderen Seite nicht Tür und Tor für Zensur öffnen?

Da muss man ganz klar sagen: Hier hat die EU bislang keine eindeutige Antwort für gefunden. (…) Die Richtlinie wird deshalb momentan überarbeitet. (…)

Es gilt als wahrscheinlich, dass es dann so durchkommt als Richtlinie, die dann aber nochmal in nationales Recht umgegossen werden muss. Auf dem Weg dahin kann noch ziemlich viel passieren, da können noch einige Dinge abgeschwächt werden. Zum Beispiel soll es weiterhin möglich sein, Selfies aus Fußballstadien darfst du weiterhin posten oder auch eine Instagram-Story aus einem Laden, in dem irgendwelche kommerzielle Musik läuft.

Aber man muss eben gucken, wohin sich das entwickelt. Beobachter sagen, es gab ja auch schon Änderungen wie das Netzdurchführungsgesetz oder die Datenschutzgrundverordnung, wo viel für den Nutzer befürchtet wurde, letztlich aber für den einzelnen Nutzer wenig auch so eingetreten ist. Das könnte hier auch so sein. Muss aber natürlich nicht.“

Fazit: Momentan lässt sich überhaupt nicht abschätzen, wie Artikel 13 in die Richtlinie gegossen wird. Auch lässt sich nicht abschätzen, wie die Umsetzung der Richtlinie auf nationaler Ebene, also bei uns in Deutschland aussehen wird. Zudem ist es gut möglich, dass die etwaige Änderungen für den Nutzer beinahe unbemerkt bleiben werden. 

Droht wirklich das Ende von YouTube?

"Nein! Das ist sehr unwahrscheinlich. Denn eine wichtige Sache verschweigt die YouTube-Chefin Susan Wojcicki. Und das ist, dass Google über viele Jahre hinweg eine Menge Geld verdient hat mit Inhalten, an denen Google oder YouTube keine Rechte hatte.

Fernsehsender zahlen seit Jahrzehnten Lizenzgebühren an Rechteinhaber. Das ist ein ganz normales Geschäft. YouTube macht das teilweise überhaupt nicht. Dass das aber funktionieren kann, zeigt der Fall 'GEMA'. Deshalb durfte YouTube keine Musikvideos mehr zeigen. Dann gab es irgendwann eine Einigung und jetzt funktioniert es. '

Genau so könnte auch dieses Problem gelöst werden. Google müsste sich einfach mit den Rechteinhabern einig werden. Aber das kostet natürlich jede Menge Geld und einige Klagen. Deshalb macht Google etwas ziemlich heikles: Google nutzt die Community um eigene Interessen durchzusetzen und Lobbyarbeit zu betreiben. Denn Google weiß ganz genau: Wir sind richtig viele. Wir sind Millionen Leute. Nicht nur in Deutschland, sondern in Europa. Und wenn wir unseren Mund aufmachen, dann kann das durchaus Druck ausüben. (…)

Man muss aufpassen, dass man nicht einem großen Konzern dabei hilft, Geld zu verdienen. Denn genau darum geht es Google. (…) Das ist ein wirtschaftliches Unternehmen.“

Fazit: Auch wenn Artikel 13 in Kraft tritt, bedeutet das keinesfalls das Ende von YouTube. Vielmehr würde der Konzern Google in die Pflicht genommen werden, dafür zu sorgen, dass Inhaber von Urheberrechten gerecht entlohnt werden. 

Ist es deshalb falsch sich mit dem Thema zu beschäftigen?

"Nein. Auch Experten sind der Meinung, dass sich noch was ändern muss an der geplanten Richtlinie. Denn: Da sind fragwürdige, vielleicht auch streichungswürdige Dinge drin. (…)

Es ist überhaupt nicht falsch da die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker in die Pflicht zu nehmen und zu sagen: 'Da müsst ihr noch was machen!'“

Fazit: Es ist nie falsch, wenn du dich mit einem Thema beschäftigst, deine Stimme erhebst und Politiker auf ihre Pflichten hinweist. Nur lass dich nicht von dystopischen Aussagen blenden und hinterfrage Motive. 

Sind noch Fragen bei dir offen? Schreib sie uns in die Kommentare und wir versuchen sie zu beantworten!

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