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Anzeige nach Abi-Rede: Rektor geht in Rente, Abiturient zu Böhmermann

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Praktikumsplatz dank Abi-Rede: Fiete Korn.Bild: ZB / Stefan Sauer
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Anzeige nach Abi-Rede hat jetzt Konsequenzen – für Rektor

17.08.2020, 16:5818.08.2020, 12:32
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Bei Abi-Bällen geht es meist salbungsvoll zu. Herausgeputzt bis in die Haarspitzen werden im Rückblick auf die vergangenen Jahre schmunzelnd Anekdoten ausgepackt und wohlwollende Worte des Dankes ausgesprochen. Mit dem bestandenen Abitur in der Tasche wird der Groll auf die Musik-Lehrerin oder die Erinnerung an unfaire Physik-Klausuren meist automatisch kleiner.

Auch Fiete Korn, Abiturient der Freien Schule Prerow auf der Ostseehalbinsel Fischland-Darß-Zingst, bedankt sich in seiner Abitur-Rede ausführlich bei Schuldirektor Gerald Schaarschmidt. "Ich möchte danke sagen für die tolle Wartezeit vor Ihrem Büro. Für die Verwarnung, die Sie mir mit drei Lehrern zusammen ins Gesicht sagen mussten. (…) Ich möchte Ihnen danke sagen, für das Überwachen von Schülern durch andere Schüler, das fördert definitiv den Klassenzusammenhalt", sagt der 18-Jährige ironisch. "Ich möchte Ihnen auch danken für das Ausfragen über das Privatleben von Schülern. Sie verhalten sich einfach unangemessen manchen Schülern gegenüber. Kein guter Lehrer ist länger als vier Jahre an unserer Schule geblieben."

Die Worte, unterbrochen nur von einem aus den Zuschauerrängen geraunten "Richtig so", wurden in der vergangenen Woche beim Abi-Ball der Schule in Prerow aufgenommen. Und sie blieben nicht folgenlos. Fiete Korn wurde von seinem Schulleiter wegen übler Nachrede angezeigt. Im Netz dagegen wurde er für seinen Mut – und seinen Namen – gefeiert – und von Satiriker Jan Böhmermann zu einem Redaktionspraktikum beim ZDF eingeladen.

Inzwischen ist klar: Die gepfefferte Rede markiert das Ende der Karriere von Schuldirektor Schaarschmidt. "Im September und Oktober werden wir einen neuen, jungen und stabilen Nachfolger für Herrn Schaarschmidt präsentieren", sagte der Geschäftsführer des Schulträgers Semper Bildungsakademie GmbH Dresden, Rüdiger Lorch, der "Bild". Die Stelle des Schulleiters ist inzwischen auf Jobportalen ausgeschrieben. Zuvor hatte es noch geheißen, der Rektor würde sich bis zum 31. August im Urlaub befinden.

Grund für das Ausscheiden des bisherigen Direktors soll jedoch nicht die nun geäußerte Kritik sein – sondern dessen Alter. "Er hat viele Jahre eine sehr gute Arbeit geleistet, seit der Wende Tausende Schüler erfolgreich zum Abitur geführt", so Lorch. Dennoch solle durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Schwerin geprüft werden, ob alles mit rechten Dingen zugegangen sei.

Und Fiete Korn? Der 18-Jährige hat das Angebot für ein ausgedehntes Praktikum bei Jan Böhmermann inzwischen angenommen. "Böhmermann? Geile Chance. Ja, das will ich machen", ließ er gegenüber der "Ostsee-Zeitung" verlauten. Ob sich das auf seine spätere Berufswahl auswirkt? Das weiß der 18-Jährige, der eigentlich eine Ausbildung zum Tischler oder Kfz-Mechatroniker machen und danach studieren wollte, noch nicht. "Jetzt geht mein Interesse natürlich erstmal in Richtung Böhmermann und Medien", sagte er der dpa.

Zu seiner Rede steht der Abiturient weiterhin. Obwohl über den Schulleiter schon zu vor viel geredet worden sei, habe aus Angst kein Schüler den Mund aufgemacht. Die Abi-Rede sei da die letzte Gelegenheit gewesen, dem Schulleiter im Beisein von anderen die Meinung zu sagen. "Ich kann mir vorstellen, dass mit einem neuen Rektor alles besser aussehen wird", sagt er der dpa. Denn eines sei ihm wichtig: "Ich kritisiere nicht die Schule, sondern nur wie der Direktor die Schule geführt hat."

Das Netz feiert den Abiturienten jedenfalls für seine klaren Worte. "Der Fiete Korn hat etwas erlebt und Kante gezeigt!", schreibt eine Twitter-Userin. Andere erfreuen sich eher am Namen des Abiturienten: "Ich bin ein wenig neidisch auf den Namen Fiete Korn. Norddeutscher wird's nicht." Eins steht auf jeden Fall fest: Mit seiner Abitur-Rede wird Fiete Korn länger in Erinnerung bleiben als die meisten seiner Vorgänger.

(ftk)

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