Leben
Gesundheit & Psyche

Coronavirus - "Unheimlich wichtig": Drosten spricht über neuen Test

02.03.2020, Berlin, Deutschland - Pressekonferenz: Unterrichtung des Bundesministeriums fuer Gesundheit zum Umgang mit dem Coronavirus. Foto: Prof. Dr. Christian Drosten, Direktor Institut fuer Virolo ...
Christian DrostenBild: imago images / Reiner Zensen
Gesundheit & Psyche

"Unheimlich wichtig": Drosten spricht über neuen Test – und fühlt sich falsch dargestellt

08.05.2020, 20:3708.05.2020, 20:36
Mehr «Leben»

Es ist passiert: Die Corona-Maßnahmen wurden gelockert und Schulen, Kitas, aber auch Friseure dürfen wieder ihren Betrieb aufnehmen – wenn auch unter neuen Bedingungen. So schön das auch klingt, so sehr sollten wir dennoch aufpassen. Denn eine zweite Infektionswelle könnte alle Erfolge im Kampf gegen die Corona-Pandemie schnell zunichtemachen.

Um das zu verhindern, müssen nicht nur Hygiene- sowie Abstandregeln von allen Menschen eingehalten, sondern auch präventive Maßnahmen weiterentwickelt werden. Dazu gehören etwa logistische Strategien für Corona-Tests, aber auch für den Schul- sowie Kita-Betrieb.

Im NDR-Podcast "Coronavirus-Update" gibt Virologe Christian Drosten eine Einschätzung ab, worauf künftig geachtet werden muss, um einen weiteren schweren Corona-Ausbruch zu vermeiden.

"Wir haben nicht mehr ein so großes Kapazitätsproblem in den Laboren. Die Maschinen stehen und es kann normal getestet werden. Vielmehr besteht die Frage nach der Logistik."
Christian Drostenndr

Und das ist der springende Punkt. Schließlich gilt es laut Drosten zu klären, wo mehr getestet werden muss und wo weniger. Da reiche es nicht, zu sagen, dass Labore mehr testen müssen. Vielmehr müsse geklärt werden, was getan werden muss, damit Labore mehr und effizienter testen können. Das könnte dann auch asymptomatische Tests, also Tests bei Menschen, die keine Symptome zeigen, begünstigen.

Wie sollten Schulen und Kitas vorgehen?

Asymptomatische Betroffene sind gerade unter Kindern häufig vertreten. Deshalb liegt es nahe, auch da vermehrt zu testen. Drosten hätte aber noch eine andere Idee. Denn gerade im Bereich der Kitas sei die Diagnostik kein Allheilmittel, sondern die Planung des Personaleinsatzes.

Bei der erweiterten Notbetreuung sollte Drosten zufolge also zunächst junges Personal eingesetzt werden. Zudem sollten Betreuer, die in ihrem Umfeld Teile aus der Risikogruppe haben, auch eher im Hintergrund bleiben und beispielsweise Büroarbeit machen.

Drosten fühlt sich missverstanden: "Weniger kritisch, als dass es einige Medien aus meinen Aussagen polarisieren"

"Wir sind hier in Deutschland in einer einmalig guten Situation jetzt im Moment. Wir haben ganz viel geleistet", sagt Drosten außerdem. Der Virologe fühlt sich zumindest in Teilen missverstanden:

"Wir haben ganz viel geleistet und ich bin auch weniger kritisch, als dass es einige Medien aus meinen Aussagen polarisieren. Ich sehe das schon als gute Situation, in der wir sind."

Er könne vielen der jetzigen politischen Entscheidungen zustimmen, auch wenn er sich aus wissenschaftlicher Sicht noch ein etwas weiteres Eindämmen vor den Lockerungen gewünscht hätte. "Ich glaube, es ist schon nicht so schlecht, wie wir das machen in Deutschland."

Drosten blickt aber mit Sorge in Richtung Herbst und Winter: Er frage sich was passiert, wenn man nun sehr glimpflich über den Sommer kommen sollte, bis zum Herbst aber immer noch kein spezifisches Medikament zur Verfügung habe: "Dann können wir eben in eine Winterwelle kommen und darüber mache ich mir schon Sorgen", sagt Drosten. Das gelte auch für die Corona-Ausbreitung im globalen Süden, in Ländern wie Indien etwa. "Auch der Blick in die USA ist nicht optimistisch für mich", betont er.

Neue Testmöglichkeiten sind ebenfalls wichtig

Außerdem spricht Drosten im Podcast über Schnelltests, die die Suche nach Corona-Betroffenen vereinfachen können. Einige befinden sich bereits im Einsatz. "Diese setzen auf die PCR-Methode und sind technisch noch sehr kostenintensiv, weshalb sie eher Kliniken vorbehalten sind", sagt Drosten. "Allerdings gab es kürzlich eine erste Untersuchung eines Tests, der wie ein Schwangerschaftstest funktioniert."

Bei dem Test wird ein Abstrich aus dem Rachen genommen. Der wird darauf in eine Flüssigkeit gebracht. In die Flüssigkeit soll anschließend ein Teststreifen kommen. Und hier ähnelt das Prinzip einem Schwangerschaftstest: Zwei Streifen bedeuten ein positives Testergebnis.

Vorteil: Der Test muss nicht in einem Labor ausgewertet werden.

Es gibt einen Haken

Das klingt zunächst vielversprechend. Doch wie so häufig ist nicht alles so perfekt wie es auf den ersten Blick scheint. Hier ist die schwankende Präzision der Testergebnisse das Problem. "Es gibt ein Maß für die Testempfindlichkeit bei der PCR-Methode. Und da gibt es einen bestimmten Wert, bei dem man sagt: 'Wer da drunter liegt, ist hochinfektiös. Wer hingegen da drüber liegt, ist weniger infektiös'", erklärt Drosten.

Der Test zeigt in einer ersten Auswertung laut Drosten bei 75 Prozent der hochinfektiösen Probanden ein richtiges Ergebnis. Laut Drosten ist das nicht schlecht. "Grottenschlecht" seien hingegen die Testergebnisse bei weniger infektiösen Patienten. Dennoch sei dieser Schnelltest hilfreich – immerhin werden so die hochinfektiösen Patienten ausfindig gemacht, die andere beim Husten oder Sprechen schnell anstecken können.

"Es wird ein Testformat sein (...) für eine erste Entscheidungsfindung und das ist unheimlich wichtig und nützlich. Gerade für Krankenhäuser und Arztpraxen ist das praktisch. Dort muss schließlich schnell entschieden werden, ob ein Patient gefährlich für andere ist."
Christian Drostenndr

Drosten warnt aber: "Auf Basis eines solchen Testes kann man schnell falsche Schlüsse ziehen. Der Test dient nicht dazu, eine Diagnose der Krankheit nachzuweisen, sondern die Infektiösität. Und da ist es auch nur eine erste Einschätzung." Labortests werden also weiterhin nötig sein – fürs Erste. Wo die Studie stattgefunden hat und wer den Test herstellt, verrät Drosten leider nicht. Auch wann der Test für die Gesellschaft verfügbar ist, bleibt unklar.

(tkr)

Ist Leihmutterschaft in Deutschland bald erlaubt? Die wichtigsten Fragen

Über das Thema Schwangerschaftsabbrüche wurde vergangene Woche hitzig diskutiert. Der "Spiegel" hatte berichtet, dass eine von der Bundesregierung eingesetzte Fachkommission empfehle, Abtreibungen innerhalb der ersten zwölf Wochen zu legalisieren. Dass sich die Expert:innen mit einem weiteren Thema befasst haben, blieb in der Berichterstattung weitgehend unbeachtet.

Zur Story