Das neuartige Coronavirus beunruhigt weiterhin viele Menschen. Mittlerweile so sehr, dass sie in Supermärkte, Apotheken und Drogerien stürmen, um sich mit Desinfektionsmitteln, Schutzmasken und Konserven einzudecken. Wenn man sich die Fallzahlen in Deutschland anschaut, scheint diese Reaktion übertrieben.
Da es aber viele offene Fragen rund um das Virus gibt, ist die Verunsicherung nicht völlig unverständlich. Denn gerade in Sachen Selbstschutz scheint vieles noch unklar. Watson sprach deswegen mit Experten verschiedener Fachgebiete, um herauszufinden, wie man sich am besten vor einer Ansteckung schützen kann.
Mit dabei sind die beiden Hausärzte Jens Wasserberg und Wolfgang Kreischer, der Virologe Norbert Tautz und der Immunologe Carsten Watzl. Sie alle beschäftigen sich in ihrer Arbeit mit dem Coronavirus.
An sich scheint es nur allzu logisch: Ein starkes Immunsystem schütz vor Viren. Allerdings stellt das neuartige Coronavirus eine noch unbekannte Herausforderung dar. Entsprechend stellt sich die Frage, inwiefern Maßnahmen helfen, um es zu stärken. Und vor allem: was dafür notwendig ist. Die Experten sind sich da einig.
Carsten Watzl (Immunologe): "Natürlich ist es sinnvoll, ein starkes Immunsystem zu haben. Darauf direkten Einfluss zu nehmen, ist allerdings schwierig. Es gibt kein Medikament, welches das Immunsystem nachweislich stärkt.
Bei der Forschung ist es so, dass wir Korrelationen sehen, etwa dass sich eine gesunde Ernährungsweise und auch Sport positiv auf das Immunsystem auswirken können."
Jens Wasserberg (Hausarzt): "Zu einem Zeitpunkt, wo man sich auf einen Infekt einstellen muss und das Immunsystem ohnehin angeschlagen ist, kann man es mit den üblichen Dingen wie einer vernünftigen Ernährung, viel Schlaf und Trinken unterstützen. Es gibt keine signifikanten Beweise, dass Nahrungsergänzungsmittel oder Medikamente in dem Punkt helfen."
Norbert Tautz (Virologe): "Eine gesunde und ausgewogene Ernährung sowie Bewegung an der frischen Luft sind dem Immunsystem sicher zuträglich. Spezifische Mittel aus der Apotheke sind dafür eher nicht nötig."
Ob nun der Hin- und Rückweg oder auch der Tag in der Arbeit selbst, viele Menschen haben Jobs, bei denen sie um Kontakt mit anderen nicht herumkommen. Damit sie sich nicht versehentlich anstecken oder Erreger selbst verteilen, müssen sie auf ein paar Dinge achten. Unsere Experten erklären, welche das genau sind.
Wolfgang Kreischer (Hausarzt): "Generell lohnt es sich, die vom Robert Koch-Institut aufgestellten Regeln einzuhalten. Das bedeutet: Händeschütteln vermeiden, Abstand halten und die Hände regelmäßig sowie gründlich waschen."
Jens Wasserberg (Hausarzt): "Also in China hat es sich durchgesetzt, dass die Menschen Atemschutzmasken tragen. Das wird in Deutschland aktuell diskutiert. Generell hilft es, Menschenkontakt zu vermeiden, die Hände regelmäßig und gründlich waschen. Besonders dann, wenn man Dinge berührt hat, auf denen sich viele Keime befinden wie etwa Türklinken."
Norbert Tautz (Virologe): "Außer dem Vermeiden des Händeschüttelns und häufiger Hände mit warmen Wasser und Seife zu waschen (gerade vor dem Essen), lässt sich leider nicht sehr viel machen. Wenn möglich, sollte man es vermeiden, sich die Augen mit nicht gewaschenen Händen zu reiben. Gerade Schleimhäute und Augen sind Eintrittspforten für Erreger."
Es ist bereits klar, dass manche Menschen stärker unter einer Ansteckung leiden als andere. Diese lassen sich auch unter Risikogruppen einordnen. Wer dazu gehört, wird hier geklärt.
Jens Wasserberg (Hausarzt): "Menschen mit Immunerkrankungen – insbesondere Lungenerkrankungen wie Asthma oder COPD – und auch ältere Menschen müssen natürlich zusätzlich aufpassen. Die chronischen Kranken sind von viralen Infektionen häufiger betroffen und erleiden öfters schwerere Verläufe als Menschen ohne Vorerkrankungen."
Norbert Tautz (Virologe): "Immungeschwächte Personen, also solche mit bekannter Immunschwäche zum Beispiel aufgrund einer Organtransplantation und entsprechender Medikamenteneinnahme, sind vermutlich mehr gefährdet. Das ist nicht gesichert, aber trotzdem anzunehmen. Allerdings nicht spezifisch für dieses Virus.
Schwangere, die eigentlich auch ein abgeschwächtes Immunsystem haben, sind durch das aktuelle Coronavirus aber nicht mehr gefährdet als der Durchschnitt. Ähnliches gilt für Kleinkinder; bislang gibt es in dieser Gruppe keine mir bekannten Todesfälle.
Mit zunehmendem Alter jenseits der 60 steigt das Risiko durch das neue Coronavirus schwer zu erkranken. Diese Altersgruppe ist auch bei einer Influenzainfektion gefährdet."
Wolfgang Kreischer (Hausarzt): "Generell ältere Manschen, mit Asthma oder Lungenerkrankungen, Herz- oder auch Krebskranke. Ebenso Menschen mit Immunerkrankungen."
Um eine weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern, werden Betroffene in Quarantäne gesetzt. Das dient auch zum Schutz der Risikogruppen. Doch für diese stellen Influenzaviren ebenso eine Gefahr dar. Entsprechend scheint es sinnvoll, zur Grippesaison ähnlich vorzugehen. Hier haben unsere Experten unterschiedliche Ansichten.
Carsten Watzl (Immunologe): "Das wäre schlicht nicht durchführbar. Ich glaube, das hat rein praktische Gründe. Zudem denke ich auch, dass eine allgemeine Gleichgültigkeit der Bevölkerung eine zusätzliche Rolle spielt.
Es gibt ja Impfungen gegen Influenza und die nimmt auch nicht jeder wahr. Da nimmt es jeder hin, dass man sich leicht mit einer Grippe infizieren kann. Trotzdem muss man sagen, dass ähnliche hygienische Schutzmaßnahmen bei Influenza sinnvoll wären. Allerdings sind die Viren so verbreitet, dass wir das praktisch nicht machen könnten. So hätten wir schließlich jedes Jahr die gleiche Situation wie wir sie jetzt mit Corona erleben."
Jens Wasserberg (Hausarzt): "Bei der Frage spielt auch die Verhältnismäßigkeit eine Rolle. Die mediale Berichterstattung hat die Coronainfektionen auf ein anderes Level gehoben. Dadurch entstand der Eindruck, dass das Coronavirus hoch infektiös und sehr gefährlich sei.
Das kann man aus meiner Sicht derzeit weder beweisen noch widerlegen. Wenn man jetzt davon ausgeht, dass das Coronavirus wirklich so gefährlich ist wie dargestellt, machen die Schutzmaßnahmen, wie sie aktuell getroffen werden, Sinn. Ist es hingegen weniger gefährlich als eine Grippe, dann nicht. Schließlich wissen wir schon viel darüber wie eine Grippeinfektion abläuft."
Wolfgang Kreischer (Hausarzt): "Gehen wir jetzt von der Sterberate aus, ist das Coronavirus gefährlicher als eine Grippe. Zudem können wir bei einer Grippe impfen, weshalb da bereits andere Formen zum Selbstschutz gegeben sind.
Und die Coronapatienten versuchen wir in unserer Praxis direkt weiterzuschicken. Die Grippepatienten behandeln wir hingegen ganz normal vor Ort. Das hängt auch damit zusammen, dass wir in Sachen Grippeviren wesentlich besser aufgeklärt sind."
In den meisten Punkten sind sich unsere Experten einig: Der beste Schutz vor dem Coronavirus ist momentan, die üblichen Hygieneregeln einzuhalten sowie sein Immunsystem zu stärken, soweit es eben möglich ist.
Solltest du dennoch Symptome an dir feststellen, die auf das Coronavirus hinweisen: Bewahre bitte Ruhe. Im Zweifelsfall ist es besser, erst einmal deinen Arzt anzurufen und das weitere Vorgehen abzuklären, anstatt gleich in die Praxis zu rennen. So vermeidest du, andere Menschen, die vielleicht zu einer Risikogruppe gehören, anzustecken.