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Corona-Tests am Flughafen Frankfurt: "Sind an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen"

Menschen am Flughafen Frankfurt warten auf einen Corona-Test.
Am Frankfurter Flughafen stehen die Menschen Schlange, um sich auf Corona testen zu lassen.Bild: www.imago-images.de / Ralph Peters
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Corona-Testzentrum am Flughafen Frankfurt: "Wir sind an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen"

08.08.2020, 11:0010.08.2020, 10:34
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Die Zahlen der Corona-Infizierten in Deutschland steigen wieder – den dritten Tag in Folge schon vermeldet das Robert-Koch-Institut mehr als 1000 neue Fälle pro Tag. Parallel werden neue Maßnahmen eingeführt, um eine mögliche Neuausbreitung des Virus nachverfolgen zu können: So dürfen sich seit vergangenen Samstag Reise-Rückkehrer aus dem Ausland binnen 72 Stunden beim Gesundheitsamt oder Arzt kostenlos auf Sars-CoV-2 testen lassen.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ging noch einen Schritt weiter und ließ ab Samstag verpflichtende Tests für Rückkehrer aus Risikogebieten einführen. Sämtliche Flughäfen haben bereits Testzentren eröffnet.

Wie die Tests an Deutschlands größtem Flughafen in Frankfurt angenommen werden, wer sich testen lässt und wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, ein falsches Ergebnis zu erhalten – darüber hat watson mit Peter Bauer gesprochen. Der Mediziner ist Chief Genomic Officer und Mitglied des Vorstands des Test-Labors Centogene.

"Wir hatten auch viele Besucher aus dem Frankfurter Umland."

Waren die ersten Besucher zum Start des Testcenters überrascht, dass es diese Möglichkeit gibt? Wie waren die Reaktionen?

Peter Bauer: Viele Reisende, die in den ersten Tagen zufällig vorbeigekommen sind, waren tatsächlich überrascht, aber auch froh über die Möglichkeit, sich gleich am Flughafen testen lassen zu können. Die Passagiere kamen von einer Reise, zum Beispiel aus einem Risikogebiet, zurück und wollten sich testen lassen, bevor sie zu ihren Familien, Freunden und Kollegen weiterreisten. Wir hatten aber auch viele Besucher aus dem Frankfurter Umland, die in der Zeitung oder im Fernsehen vom Testzentrum erfahren hatten und deshalb an einem Test interessiert waren.

Wie groß sind Ihre Teams bislang? Und wie viele Menschen können pro Tag getestet werden?

Wir haben Freitag in zwei Schichten über 2000 Proben abgenommen. In den bisherigen Abstrichflächen sind wir nun, da Rückkehrer aus Risikogebieten kostenlos getestet werden, an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir dank der guten Zusammenarbeit mit Fraport, der Lufthansa, dem Land Hessen und dem Roten Kreuz Hessen die Kapazitäten zeitnah durch die Anmietung neuer Flächen und zusätzliches Personal ausweiten können.

Damit hoffen wir, in der aktuellen Situation allen Rückkehrern aus Risikogebieten ein Testangebot machen zu können. Zurzeit führen wir zirka 3500 bis 4000 Tests pro Tag durch. Seit Eröffnung haben wir mehr als 50.000 Personen getestet.

"In erster Linie kommen gesunde Rückkehrer aus Risikogebieten, die mit einem negativen Corona-Test die Quarantäne-Anordnung aufheben lassen können."

Wo befinden Sie sich am Flughafen? Ist das Testcenter nach der Landung schnell erreichbar?

Das Abstrichzentrum befindet sich auf der Ebene 0 im Überführungsbereich vom Bahnhof zum Flughafen. So ist das Zentrum leicht zu finden und vor allem nach der Landung schnell erreichbar, aber auch für Nicht-Reisende zugänglich.

Von wem wird das Angebot besonders genutzt?

In erster Linie kommen gesunde Rückkehrer aus Risikogebieten, die mit einem negativen Corona-Test die Quarantäne-Anordnung aufheben lassen können.

Sprechen die Menschen beim Testen auch über ihre Beweggründe? Was berichten sie?

Einige Reisende haben, nachdem sie viele Jahre im Ausland gelebt haben, jetzt die Heimkehr angetreten, weil sich die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in ihren Gastländern in den letzten Monaten gravierend verschlechtert haben. Diese Reisenden spüren natürlich eine große Unsicherheit und Sorgen. Gleichzeitig erleben viele die Test-Situation als positiv, weil wir den Menschen ja auch etwas Freiheit zurückgeben können, wenn wir durch einen negativen Test die Beendigung von Quarantäne-Maßnahmen ermöglichen.

Mir gefällt, dass die vielsprachigen, offenen und oft auch junggebliebenen Reisenden im Testzentrum auf unser junges Team treffen, das ebenfalls aus über 40 Ländern stammt. Wir hatten auch einige Corona-Zweifler, die den ganzen "Zirkus" nicht glauben und trotzdem einen Abstrich haben machen lassen. Solche Gäste sind aber in der Minderheit.

Wie viele Rückreisende nutzen das Angebot momentan?

Das ist schwer zu sagen, weil wir die Zahlen nicht abgleichen können. Es scheint, dass wir schon jetzt, zu Beginn der kostenfreien Tests für Rückkehrer, etwa 20 bis 30 Prozent der Einreisenden erreichen.

"Die Ergebnisse aller Validierungsverfahren zeigen keine falsch-positiven Testergebnisse, die Spezifität liegt also sehr nahe bei 100 Prozent."

Standen Ihnen einige der Reisenden auch skeptisch gegenüber?

Natürlich erreichen uns auch skeptische Reaktionen, zum Beispiel die Frage, wie genau der Test ist. Dahinter steht vor allem die Befürchtung, dass aufgrund eines falsch-positiven Ergebnisses die Einreise verwehrt wird oder dass man ein negatives Testergebnis erhält, aber dennoch infiziert ist. Diese Passagiere können wir beruhigen, denn unsere Methode ist umfassend validiert und das Verfahren hat eine hohe Genauigkeit. Die Ergebnisse aller Validierungsverfahren zeigen keine falsch-positiven Testergebnisse, die Spezifität liegt also sehr nahe bei 100 Prozent.

Schwierig wird es manchmal trotzdem, wenn offenbar Gesunde ein unerwartetes, positives Ergebnis bekommen und dann in Quarantäne müssen. Sie fragen dann, ob wir überhaupt die richtige Probe analysiert haben. Da wir aber die Proben sehr transparent etikettieren und die Reisenden auch dem Prozess der Probenregistrierung direkt beiwohnen, lassen sich diese Zweifel oft gut ausräumen.

Wie läuft so ein Test ab?

Unser medizinisch geschultes Personal nimmt mit einem Spatel den Abstrich vor Ort vor. Jeder, der kein Zertifikat zur Identitätsbestätigung gegenüber den Behörden benötigt, kann prinzipiell auch selbst aus seinem Rachen die Abstrichprobe durchführen (sogenanntes self sampling). Dazu gibt es ein Anleitungsvideo vor Ort, aber auch auf Youtube. Diese Abstrichprobe wird dann an das Centogene Labor (gemeinsam mit Dr. Bauer Laboratoriums GmbH) übergeben.

Der PCR-Test ermittelt eine akute Infektion mit Sars-CoV-2 über den Nachweis spezifischer RNA-Moleküle. Diese stammen aus dem Erbgut des krankheitsverursachenden Virus. Alle Ergebnisse werden den Passagieren über eine sichere digitale Plattform zur Verfügung gestellt und – sofern gewünscht und notwendig – mit dem Flugticket verknüpft, um so eine automatisierte Bestätigung für Reisende zu gewährleisten, die in Länder mit entsprechenden Einreisebeschränkungen fliegen.

Wie teuer ist ein Test, wenn man die Kosten selbst tragen muss?

Der reguläre Test, bei dem das Ergebnis nach sechs bis acht Stunden vorliegt, kostet 59 Euro. Beim Schnelltest hat man das Ergebnis nach etwa vier Stunden. Dieser Test ist für 139 Euro verfügbar. Mit Identitätsfeststellung, also Reisepasshinterlegung der Ergebnisse, kommen 9 Euro dazu.

"Ich tue mich persönlich mit medizinischen Tests unter der Androhung von Strafen sehr schwer."

Halten Sie eine Test-Pflicht für vernünftig?

Ich kann verstehen, warum die Regierung zu diesem harschen Mittel greift, denn die steigenden Zahlen lassen keinen Spielraum für eine abwartende Haltung. Seit März wissen wir, welch ein hoher gesundheitlicher und wirtschaftlicher Schaden in kurzer Zeit entstehen kann und ich möchte als Arzt möglichst beides vermeiden. Allerdings tue ich mich persönlich mit medizinischen Tests unter der Androhung von Strafen sehr schwer.

Würden Sie sich selbst testen lassen, wenn Sie aus dem Auslands-Urlaub zurückkämen?

Aber natürlich, denn ich gebe mir selbst und den mir nahestehenden Menschen mehr Sicherheit und ein wichtiges Zeichen, dass man auf mich in der Bewältigung der Krise zählen kann.

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