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Corona-Weihnachten: Warum die Weihnachtsfeiertage jedes Jahr eine Enttäuschung sind

Weihnachten ist immer eine traurige Zeit, findet unsere Autorin – und dieses Jahr ist es noch anstrengender. (Symbolbild)
Weihnachten ist immer eine traurige Zeit, findet unsere Autorin – und dieses Jahr ist es noch anstrengender. (Symbolbild)Bild: Tetra images RF / JGI/Jamie Grill
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Enttäuschung an Heiligabend: "Wieder mal geschafft, Weihnachten nicht besinnlich zu feiern, sondern ins Besinn-Loch zu fallen"

26.12.2020, 07:45
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Ich glaube, es ist nicht übertrieben, zu sagen: Vor diesem Weihnachtsfest hatten wir alle ein bisschen Angst.

Da war die Frage, ob man, während die Corona-Pandemie weiter wütet, überhaupt zu seinen Eltern oder Großeltern fahren soll. Da war die Frage, ob man sich vor dem Weihnachtsfest den Liebsten zuliebe in Vorquarantäne begibt und einen Corona-Test macht. Und wie man nun am besten von A nach B kommt, ohne sich unterwegs möglicherweise den Krankheitserreger einzufangen. Da war die Frage, wie man die Feiertage in völliger Einsamkeit überstehen soll, wenn man sich den ganzen Aufwand und jegliche Risiken ersparen will.

Ich für meinen Teil habe Weihnachten recht ähnlich verbracht wie in den vergangenen Tagen auch: Um 10 Uhr war ich mit meiner Mutter, die ebenfalls in Berlin wohnt, zum Weihnachtsfrühstück verabredet, ich sollte vorbeikommen und Pfannkuchen backen. Pfannkuchen waren schon immer so ein Weihnnachtsding in unserer Familie.

Um 11.30 rufe ich sie an, weinend, dass ich es nicht schaffe, dass ich einfach nicht mehr kann, dass ich am liebsten allein zu Hause bleiben und mit NIEMANDEM reden mag.

"Es ist das Jahr 2020, das Jahr der Pandemie, ich bin 33 Jahre alt und ich habe es wieder mal geschafft, Weihnachten nicht besinnlich zu feiern, sondern ins Besinn-Loch zu fallen."

Ich rede mir immer ein, Weihnachten sei nicht wichtig – von wegen

Es ist das Jahr 2020, das Jahr der Pandemie, ich bin 33 Jahre alt und ich habe es wieder mal geschafft, Weihnachten nicht besinnlich zu feiern, sondern ins Besinn-Loch zu fallen. Weil ich wieder einmal meine Erwartungen zu stark hochgeschraubt habe. Und das selbst zu einer Zeit, in der wir quasi schon vom Staat dazu angewiesen werden, unsere Erwartungen niedrig zu halten, weil, ihr wisst schon, Corona und so.

Das Irrsinnige daran ist: Weihnachten war eigentlich noch nie ein großes Thema in meinem Leben. Zumindest nicht bewusst. Ich habe keine große Familie. Die paar Verwandten, die ich habe, leben in Polen und ich sehe sie nur alle paar Jahre. Mein Vater ist schon vor Ewigkeiten verstorben. Es gibt seit über einer Dekade praktisch nur meine Mutter und mich. Keine stressigen Großfamiliengelage, kein wildes Herumgekoche, kein Hardcore-Christbaum-Schmücken. Plätzchen gebacken habe ich wohl das letzte Mal, als das Happy Meal noch Juniortüte hieß – und Weihnachtsgeschenke gibt's von mir nur selten.

Dieses Jahr hatte ich nicht einmal vor, während der Feiertage in Deutschland zu sein. Ich habe extra zwischen Weihnachten und Silvester Urlaub eingereicht – eine Zeit, in der ich üblicherweise arbeite, weil alle anderen bei ihren Familien hocken – und habe mir vorgenommen, mindestens auf die Kanaren zu fliegen. Heiligabend hätte ich allein mit einem Cocktail in der Hand aufs Meer geblickt und der Welt den mentalen Mittelfinger gezeigt. Naja, wie das Vorhaben ausgegangen ist, wissen wir.

"Weihnachten ist für mich to-tal ent-spannt. Kein Riesen-Ding. Alles easy."

Ich behaupte also immer: Weihnachten ist für mich to-tal ent-spannt. Kein Riesen-Ding. Alles easy.

Und dann sitze ich da und weine. Oder streite mich mit meiner Mutter. Und weine dann. Oder ich weine schon davor, weil ich beim Gedanken an Weihnachten allein schon gestresst bin. Irgendwas ist irgendwie immer. Und ich glaube, ein bisschen hängt es eben damit zusammen, dass ich mir ganz, ganz tief drin so ein richtig kitschiges Weihnachten wünsche. So mit aufwendigem Weihnachtsmenü, einem Berg Plätzchen, einem noch größeren Berg Geschenke und lieben Menschen um mich herum, die mindestens einen Rentier-Pulli oder eine Weihnachtsmütze tragen und mit mir zusammen "Stirb langsam" schauen.

Weihnachten macht mich traurig

Wie gesagt, Weihnachten ist für mich immer eine anstrengende, manchmal auch traurige Zeit. Jedes Jahr sehe ich mich mit meiner Erwartungshaltung konfrontiert, jedes Jahr glaube ich, sie heruntergeschraubt zu haben, jedes Jahr merke ich, dass ich selbst daran scheitere. Jedes Jahr quält mich die Erinnerung an all die Weihnachtsfeste, die nicht so waren, wie ich es mir vorgestellt habe.

Und als ich gestern da saß und ausgiebig weinte, dachte ich: Vielleicht ist dieses Jahr doch etwas anders. Vielleicht tun auch mir, dem scheinbaren Weihnachtsmuffel, die Feiertage etwas mehr weh als sonst, weil eben noch ein bisschen weniger geht.

All die kleinen Lichtblicke, die man so im Dezember erlebt, das gemeinsame Glühweintrinken mit Freunden, die Wichtel-Abende, die Besuche quer durch Deutschland – also alles, was vielleicht stressig ist, aber auch so guttut – fallen dieses Jahr weg. Und natürlich spürt man den Stress und die Enttäuschung seiner Freunde, die ihre Familien nicht besuchen können oder es nur unter größten Sicherheitsvorkehrungen wagen. Auch das geht nicht spurlos an mir vorbei.

"Das Pfannkuchenbacken konnten wir sein lassen, stattdessen Chips essen, gemeinsam fernsehen und ein paar Geschenke auspacken. Das war zwar nicht besonders festlich, aber in dem Moment genau das Richtige."

Dieses Weihnachten ist für uns alle ein wenig schmerzhaft

Weihnachten 2020 tut uns allen wohl ein bisschen weh. Und ich will gar nicht jammern, ich weiß, dass ich gesund bin, meine Freunde und Familie gesund sind und keiner von uns in einem Job arbeitet, bei dem man einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt ist. Ich will mir gar nicht anmaßen, nachzufühlen, wie sich dieses Weihnachtsfest für die Angehörigen der Corona-Opfer anfühlt oder für diejenigen, die jetzt auf den Intensivstationen arbeiten. Abseits davon sind die Anspannung und der Verzicht wohl für alle spürbar.

Im Endeffekt bin ich dann übrigens doch zu meiner Mutter gegangen, nachdem sie mir versprochen hat, dass ich nichts tun muss: Das Pfannkuchenbacken konnten wir sein lassen, stattdessen Chips essen, gemeinsam fernsehen und ein paar Geschenke auspacken. Das war zwar nicht besonders festlich, aber in dem Moment genau das Richtige. Manchmal muss man seine Erwartungen gehen lassen und die Dinge einfach nehmen, wie sie kommen. Und das kann dann auch in Ordnung sein.

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Der Karfreitag ist für Christ:innen der wichtigste Feiertag überhaupt. Dann nämlich wird der Tod Jesu Christi betrauert, dessen Auferstehung wiederum am Ostersonntag gefeiert wird. Anders gesagt bedeutet das, dass deutschlandweit ein Tanzverbot gilt, das in den meisten Fällen ab Karfreitag in Kraft tritt.

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