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Hoffnung in der Krise: Henning May über Klimawandel, Rechtsruck und Aktivismus

133/ Kein Grad weiter: Henning May von AnnenMayKantereit beim globalen Klimastreik von Fridays For Future, Berlin, Brandenburger Tor, 25.09.20, Saenger,singer, Berlin Deutschland, Germany *** 133 Not  ...
Henning May beim globalen Klimastreik von Fridays For Future im September 2020.Bild: www.imago-images.de / POP-EYE/Stefan Mueller
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Hoffnung in der Krise: Henning May über Klimawandel, Rechtsruck und Aktivismus

02.03.2021, 18:09
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Anstatt frustriert auf der Couch zu sitzen, sollten wir lieber auf die Straße gehen und aktiv werden im Kampf gegen die multiplen Krisen, die unsere Welt gerade erschüttern – da sind sich Luisa Neubauer und Henning May offenbar einig. Während der Corona-Pandemie ist es aber schwer, selbst aktiv zu werden. Wie es uns trotzdem gelingt, nicht die Hoffnung zu verlieren, darüber haben die beiden in Luisas 1,5 Grad-Podcast gesprochen.

Henning May ist nicht nur Sänger und mit seiner Band AnnenMayKantereit erfolgreich, sondern auch politisch aktiv. Er ist Mitglied bei den Grünen, unterstützt Fridays for Future und hat während des Lockdowns schon öfter selbst geschriebene Songs veröffentlicht, die aktuelle Themen aufgreifen – beispielsweise die Debatte um Innenminister Horst Seehofer. Was ihn mit am meisten bewegt: der Rechtsruck, den die deutsche Gesellschaft gerade erlebt und der unmittelbar mit der Klimakrise verbunden ist.

"Ich fühle die Klimakrise in dieser ganzen Krise der Humanität."

Denn nicht nur an den extremen Wetterumschwüngen, die in Deutschland zuletzt stattgefunden haben, merkt der Sänger den Klimawandel. Er spürt ihn dann, wenn er den Rechtsruck spürt, sagt er. Wenn er wahrnimmt, wie polarisiert Deutschlands Bevölkerung ist. Er spricht auch von Geflüchteten, die ihre Heimat verlassen, weil sie nicht mehr bewohnbar ist und die dann in Deutschland die Schuld dafür in die Schuhe geschoben bekommen – dabei seien die Gründe für Flucht oft auch durch die Klimakrise verursacht. "Ich fühle die Klimakrise in dieser ganzen Krise der Humanität", sagt er.

Dass die Gesellschaft der Klimakrise und der Fridays-for-Future-Bewegung so zwiespältig gegenübersteht, kann er nicht verstehen. "Es ist ja auch gut für Philipp Amthors Sohn oder Tochter, wenn wir jetzt etwas tun. Wenn die Forderungen von Fridays for Future umgesetzt werden, das wäre doch gut für alle. Für Konservative wie für Liberale, das ist universell."

Gegen die Lethargie und Ohnmachtsgefühle im Lockdown macht Henning Musik. Er stimmt einen Song an: "Ich glaube, bevor wir das Weltall bereisen, kommen dunkle und seltsame Zeiten. Dass das Schweigen der Welt nur den Falschen gefällt muss mir niemand beweisen. Und während wir um eine Sonne kreisen, drehen wir uns im Kreis – und irgendwann wird es zu heiß."

Henning, hast du noch Hoffnung?

Auf Luisas Frage, ob er denn noch Hoffnung habe für die Welt, antwortet Henning optimistisch: "Ja schon, aber die gehört nur mir. Ich glaube, die schimmelt, wenn man versucht sie an andere Leute zu geben. Wie ein Fruchtkuchen, der sofort schimmelt, wenn du den an wen anders weitergibst. Und der schmeckt dann komisch. Hoffnung muss man immer selber finden."

Vielen Menschen habe Fridays for Future sicher viel Hoffnung gegeben, meint Luisa. Das sei zwar super, die Aktivisten selbst bräuchten aber auch immer wieder neue Hoffnungsquellen. Letztendlich gabe es nichts Besseres, als sich der scheinbaren Machtlosigkeit zu entziehen, indem man selbst aktiv werde, sagt sie. Und das gehe auch während der Pandemie, schon am 19. März findet der nächste globale Klimastreik statt.

Träume hat auch Henning: In seiner Vorstellung der perfekten Zukunft sprechen Berliner Polizisten ein bisschen Arabisch und Türkisch und können so mehr Menschen helfen und erreichen. Auch in den Schulen werden in seiner Zukunftsvision die Sprachen unterrichtet, die man tagtäglich auf den Straßen hört. Er würde sich auch wünschen, dass es die AfD irgendwann nicht mehr gibt. Genauso wenig wie Fridays for Future – aber nicht, weil alle die Hoffnung aufgegeben haben. Sondern weil so viel erreicht wurde, dass die Natur sich mittlerweile entspannt hat – und Delfine in den Kanälen Venedigs schwimmen.

Letzte Generation will nach Brüssel: "Will mir nicht vorwerfen, ich hätte nicht alles getan"

Ungerechtigkeiten beseitigen, einen Beitrag für eine bessere Welt leisten – diese Mission hatten Lina Johnsen (26) und Theodor Schnarr (33) seit sie kleine Kinder waren. Heute, über 20 Jahre später, ist das noch immer ihr Antrieb. Mehr noch: Als Aktivist:innen der Letzten Generation ist diese Mission zu ihrem Lebensinhalt geworden, dem sie alles andere unterordnen.

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