Nachhaltigkeit
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Fridays for Future knöpft sich Minister Peter Altmaier vor

Wenn es nach den Aktivisten von Fridays for Future geht, hat Wirtschaftsminister Peter Altmaier im Sommer einiges nachzuholen.
Wenn es nach den Aktivisten von Fridays for Future geht, hat Wirtschaftsminister Peter Altmaier im Sommer einiges nachzuholen.bild: watson
Vor Ort

"Regierung ignoriert Wissenschaft": Fridays for Future verdonnern Altmaier zum Nachsitzen

26.06.2020, 18:2528.09.2020, 12:41
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Wenn man die Klimaaktivisten von Fridays for Future fragt, welche Note sie der Klimapolitik von Wirtschaftsminister Peter Altmaier geben würden, lautet ihre Antwort wohl: ungenügend – der Schüler wurde nicht versetzt. Am Berliner Invalidenpark haben die Aktivisten deshalb ein Klassenzimmer für Altmaier aufgebaut und ihn zum Nachsitzen verdonnert.

Der Grund für das vernichtende Urteil: Das Kohleausstiegsgesetz, das am kommenden Freitag im Bundestag verabschiedet werden soll. Dieses sieht einen Kohleausstieg bis zum Jahr 2038 und gleichzeitig Entschädigungen für Kraftwerksbetreiber in Höhe von 4,4 Milliarden Euro vor.

Für Fridays for Future ist der Zeitpunkt für den Kohleausstieg aber viel zu spät – und die Entschädigungen zu hoch. "Damit Deutschland seine Klimaziele erreicht, müssen wir bis 2030 aus der Kohle aussteigen. Mit diesem 'Kohleausstiegsgesetz' steigen wir acht Jahre zu spät aus der Kohle aus", sagt Aktivistin Lilith Rein. "Die Bundesregierung ignoriert damit die Stimmen der Wissenschaft und der Bevölkerung."

Am Berliner Invalidenpark haben Fridays for Future Daten und Fakten zum Kohleausstieg zusammengetragen.
Am Berliner Invalidenpark haben Fridays for Future Daten und Fakten zum Kohleausstieg zusammengetragen.bild: watson

Doch nicht nur der Wirtschaftsminister soll am Invalidenpark Informationen über den Klimawandel erhalten – sondern auch die Bevölkerung. "Wir haben festgestellt, dass es kaum einen Ort gibt, an dem der Kohleausstieg diskutiert wird", sagt Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer. "Deshalb haben wir einen Ort geschaffen, wo sich die Öffentlichkeit informieren kann." Zusammen mit Wissenschaftlern und Künstlern haben die Aktivisten Daten und Fakten zum Klimawandel und Kohleausstieg zusammengetragen, die in einer "Galerie des Scheiterns" auf großen Tafeln präsentiert werden.

Fridays for Future knöpft sich Altmaier vor

Und wieder bekommt dabei vor allem einer sein Fett weg: Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Auf einer Map, die Fridays for Future zusammen mit Lobbycontrol entworfen hat, werden seine Verbindungen zu Industrie und Klimaleugnern aufgezeigt. Und auf einer Pappfigur des Wirtschaftsministers können die Demonstranten abstimmen, ob der Wirtschaftsminister korrupt ist oder sich mit Lobbyisten trifft – oder beides.

"Die Politik des Wirtschaftsministeriums ist keine Aneinanderreihung einzelner politischer Fehlentscheidungen, es folgt einer systematischen Entscheidung für fossile Konzerninteressen und gegen klimafreundliche und sozial-gerechte Lösungen aus Bürgerhand", kritisiert Fridays-for-Future-Aktivist Quang Paasch.

"Klimapolitisches und demokratisches Desaster"

Genau hier am Invalidenpark hatte Fridays for Future vor eineinhalb Jahren mit 10.000 Menschen gegen die Kohlekommission demonstriert, in der die Klimaaktivisten ihre Interessen nicht vertreten sahen – das jetzt kurz vor der Verabschiedung stehende Kohleausstiegsgesetz sei aber noch schlechter und halte sich nicht einmal an die Beschlüsse der Kohlekommission. Ein "klimapolitisches und demokratisches Desaster", sagt Neubauer.

Auf den Schildern stehen mahnende Worte.
Auf den Schildern stehen mahnende Worte.

Deutschland verabschiede sich gerade aus dem Pariser Klimaabkommen und sorge dafür, dass die Klimaziele verfehlt werden, kritisiert Fridays for Future. Die Aktivisten fordern stattdessen einen deutschen Kohleausstieg bis 2030, die Beendigung der Subventionen für fossile Energieträger und die Abschaltung jedes vierten Kohlekraftwerks bis Ende des Jahres.

Bis in einer Woche im Bundestag abgestimmt wird, wollen Fridays for Future bundesweit Druck machen, auch zusammen mit Organisationen wie Ende Gelände, die derzeit zehn Orte der Kohleinfrastruktur blockiert. So kletterten Aktivisten auf dem Gelände des brandenburgischen Tagebaus Jänschwalde auf den Kran eines Baggers und besetzten ihn stundenlang. Aktivisten des Anti-Kohlebündnisses "Einsatz Kohlestopp" besetzten nach Polizeiangaben zudem auf dem Gelände des nordrhein-westfälischen Tagebaus Garzweiler mehrere Bagger. Ob sich ihr Einsatz auszahlt, zeigt sich am kommenden Freitag.

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