Wissenschaftliche Fakten, Studien und nachgewiesene Zahlen sind für mich wichtige Grundlagen, um über Veganismus zu diskutieren. Und das muss ich ziemlich häufig. Weil ich von Nicht-Veganern Sätze hingeworfen bekomme, die in der Gesellschaft verbreiteten Vorstellungen entsprechen.
Ich habe absolut nichts gegen eine andere Meinung, was Moralvorstellungen oder Interessen betrifft. Ich muss es akzeptieren, wenn jemand kein Problem damit hat, ein Tier zu schlachten oder sich nicht für den Klimawandel interessiert. Was mich jedoch aufregt: Wenn mit falschen Fakten um sich geworfen wird, klischeehafte Behauptungen aufgestellt werden und die Moral-Keule angeflogen kommt ("Aber dann in den Urlaub fliegen").
Umso mehr habe ich mich gefreut, dass folgender Vegan-Trupp Ende Mai ein Buch herausgebracht hat: Niko Rittenau (Ernährungswissenschaftler), Patrick Schönfeld (Humanist, Tierrechtsaktivist) und Ed Winters (Speaker, Tierrechtsaktivist, Produzent). Unter dem Titel "Vegan ist Unsinn – Populäre Argumente gegen Veganismus und wie man sie entkräftet" sezieren sie gängige Aussagen mithilfe wissenschaftlicher Grundlagen und ethisch-moralischen Prinzipien.
Zu jeder Aussage gibt es am Ende des Kapitels eine Richtigstellung anhand einer Tabelle mit der Spalte "Vorurteil" und "Faktenlage". Eine absolute Empfehlung, um sich weiterzubilden, aber ganz besonders, um bei Familientreffen oder in Smalltalks lapidar hingeworfene Sätze mit wenigen Argumenten zu entkräften und zu korrigieren.
Ein kleiner Auszug der Themenfelder, welche die drei Autoren in ihrem Buch aufgreifen: "Veganer*innen ist Tierleid wichtiger als Menschenleid", "Pflanzen sind auch Lebewesen und haben Gefühle", "Eierlegen schadet den Hühnern nicht", "Der Mensch ist ein Allesesser und Fleisch hat uns intelligent gemacht", "Vegane Ernährung im Kindesalter ist Kindesmisshandlung", "Vegane Ernährung für Hunde und Katzen ist Tierquälerei", "Vegane Ersatzprodukte sind pure Chemie" oder "Palmöl in veganen Produkten zerstört den Regenwald".
Die drei Aussagen, mit denen ich persönlich bisher am häufigsten konfrontiert wurde?
Auf den ersten Vorwurf möchte ich anhand des Buches näher eingehen, weil dieses Kapitel wunderbar zeigt, wie komplex manche Themenbereiche sind. Und dass sich diese eben nicht auf einen Satz reduzieren lassen.
Veganern wird vorgeworfen, eine falsche Priorisierung zu haben, also Tierleid über Menschenleid zu stellen. Was ich mich frage: Warum schließt das eine das andere aus? Wieso geht mein Gegenüber davon aus, verletzte Menschenrechte wären mir egal, nur, weil ich mich gegen eine industrielle Nutztierhaltung ausspreche? Woher weiß mein Gesprächspartner, dass ich mich nicht parallel für hilfsbedürftige Menschen engagiere, nur weil ich auf tierische Produkte verzichte?
Weitere interessante Betrachtungen finde ich dazu in dem oben genannten Buch. Die Autoren zitieren die Top-10-Gefahren für die Weltgesundheit im Jahr 2019 der WHO und analysieren, dass die weltweite industrielle Nutztierhaltung auf mindestens drei der Gefahren einen bedeutenden Einfluss ausübt.
Platz 1 lautet Luftverschmutzung und Klimawandel. Die weltweiten Treibhausgasemissionen aus der Nutztierhaltung sind mit 12 bis 18 Prozent ähnlich hoch wie der gesamte Transportsektor. Die ökologische Relevanz eines pflanzlichen Lebensstils ist somit enorm.
Platz 5 belegen die Gefahren, die von Antibiotikaresistenzen ausgehen, denn jährlich sterben etwa 1,6 Milliarden Menschen an antibiotikaresistenten Keimen. Einer der relevantesten Gründe: die übermäßige Gabe von Antibiotika in der Nutztierhaltung. Denn 70 bis 80 Prozent der weltweiten Antibiotika kommen nicht in der Humanmedizin, sondern in der Tierhaltung zum Einsatz. Ein gefährliches Unterfangen, mit dem eine medizinische Errungenschaft für den Menschen riskiert wird.
Auf Platz 6 der WHO-Liste landet die Gesundheitsgefahr durch Ebola und andere Hochrisiko-Pathogene, sogenannte Infektionskrankheiten, die zwischen Tieren und Menschen übertragen werden. Geflügelgrippe und Rinderwahn sind nur einige Beispiele. Es wird davon ausgegangen, dass 60 bis 75 Prozent aller humanpathogener Erreger aus der Nutztierhaltung stammen. Das American Journal of Public Health schrieb in diesem Zusammenhang, diejenigen, die Tierprodukte konsumieren, würden das Wohlergehen anderer Menschen gefährden. Die Autoren benennen die vegane Bewegung somit als Multi-Problemlöser, der Tierrechte, Umweltschutz und Weltgesundheit positiv beeinflusst.
Ein schönes Schlusswort aber ich stelle lieber noch mal die Auswirkungen der weltweiten Nutztierhaltung in Zahlen ans Ende, die sich mit Naturkatastrophen, Krankheiten und Hungernöten logischerweise auch auf das Wohl des Menschen auswirken.
Wer tierische Produkte konsumiert, verantwortet…
Mein Tipp: Auswendig lernen und beim nächsten Vorwurf parat haben!