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FC Bayern holt 4 Spieler, aber keine Topstars – dahinter steckt cleverer Schachzug

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Hasan Salihamidzic (l.) hat Hansi Flick vier neue Spieler beschert. Bild: Fotoagentur SVEN SIMON / imago images
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FC Bayern holt 4 Spieler, aber keine Topstars – dahinter steckt cleverer Schachzug

06.10.2020, 15:5214.01.2021, 19:42
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Sportvorstand Hasan Salihamidzic hat Trainer Hansi Flick vier neue Spieler beschert – keine Stars, aber gute Ergänzungen. Der Fußball-Bundesligist Bayern München kann mit seiner Ausbeute auf dem Transfermarkt also durchaus zufrieden sein. Dabei wirken die vier Neuzugänge, die die Bayern vor Ende des Transfer-Fensters in letzter Minute nach München geholt haben, auf den ersten Blick wie Notlösungen. Bei ihren eigentlichen Wunschspielern blieben die Münchner erfolglos. Stattdessen sorgte der eine oder andere Transfer für Verwunderung.

Eigentlich wollten sich die Bayern die Dienste von Sergiño Dest sicher. Der talentierte Außenverteidiger von Ajax Amsterdam stand ganz oben auf der Wunschliste des deutschen Rekordmeisters. Doch der FC Barcelona, der ebenfalls um den 19-Jährigen US-Amerikaner buhlte, schnappte ihn schließlich den Bayern weg. Außerdem wurde Hoffenheims Torjäger Andrej Kramaric zuletzt als Backup für den Mittelstürmer und frisch gebackenen UEFA-Spieler des Jahres Robert Lewandowski gehandelt. Auch daraus wurde nichts. Ebenso wenig hat es bei Callum Hudson-Odoi vom FC Chelsea geklappt, der der Wunschkandidat auf der offensiven Außenbahn gewesen wäre – doch die Verhandlungen mit Chelsea scheiterten.

Einige FCB-Fans zeigten sich über die geplatzten Wunsch-Transfers enttäuscht. Schließlich hätten die Bayern die Abgänge von Thiago, Ivan Perisic oder Coutinho zumindest nominell kompensieren müssen, um nicht an Kadertiefe zu verlieren.

Doch die nun verpflichteten Spieler sind weit mehr als eine Notlösung. Vor allem sind sie eine clevere Abwägung von Wirtschaftlichkeit und Risiko.

Mit diesen Transfers überrascht der FC Bayern

Bouna Sarr war bisher vielen Fußball-Experten in Deutschland eher weniger bekannt. Der 28-Jährige Franzose kommt von Olympique Marseille und füllt die Lücke auf der rechten Verteidigerposition hinter seinem Landsmann Benjamin Pavard. Damit sorgt Sarr, der mit 28 Jahren kein Youngster mehr ist und sportlich bisher eher unauffällig blieb, zumindest für Entlastung auf seiner Position. Denn bisher musste Joshua Kimmich bei Ausfällen von Pavard hinten rechts aushelfen, obwohl dieser in Flicks System eine wichtige Rolle im Mittelfeld spielt. Sarr bedeutet für die Bayern daher in erster Linie Planungssicherheit. Eine tragende Rolle wird er vermutlich eher nicht spielen.

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Der neue Verteidiger für die Bayern: Bouna SarrBild: www.imago-images.de / AlexPress

Auch ein weiterer Transfer dürfte bei manchen Beobachtern für Überraschung gesorgt haben. Nach drei Jahren bei Juventus Turin kommt Douglas Costa an die Säbener Straße zurück. Der 30-Jährige Brasilianer ist wahrlich ein talentierter Fußballer, der den Ansprüchen der Bayern gerecht wird. Aber warum ausgerechnet Costa? Da war doch was? Genau, Uli Hoeneß hatte Costa 2017, nach dessen Abgang aus München, noch attestiert, nicht zu den Bayern zu passen: "Costa hat nicht funktioniert, weil er ein ziemlicher Söldner war, der uns charakterlich nicht gefallen hat", urteilte der damalige Präsident. Was ist seitdem passiert? Hat Costa, der zwei Jahre bei Bayern gespielt hatte, eine charakterliche Wandlung hingelegt oder urteilen die jetzigen Bayern-Bosse womöglich ganz anders über den offensiven Mittelfeldspieler?

Hoeneß, mittlerweile Ehrenpräsident, ist dafür bekannt, nicht auf die charmanteste Art und Weise über bestimmte ehemalige Spieler zu sprechen: Über Juan Bernat sagte Hoeneß etwa, der habe "einen Scheißdreck gespielt". Bei der Costa-Rückkehr hatte Hoeneß aber offenbar nicht viel mitzureden. Das zeigt aber auch, wie stark die Position von Sportvorstand Salihamidzic mittlerweile ist. Costa zeigte sich erfreut, wieder für die Bayern spielen zu dürfen: "Ich hatte in München eine wunderbare Zeit mit vielen Erfolgen und bin sicher, dass wir auch jetzt wieder Titel erreichen werden", wird er auf der Bayern-Homepage zitiert.

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Douglas Costa ist in München kein Unbekannter.Bild: imago sportfotodienst / GEPA pictures

Costa kommt für ein Jahr auf Leihbasis zu den Bayern, eine Kaufoption gibt es nicht. Auch er ist nicht für die Startelf vorgesehen. Er soll die Münchner auf der linken Außenbahn als Backup für Sané und Coman unterstützen. Somit ist er in erster Linie ein günstiger, hochklassiger Ersatzspieler, der zur Tiefe des Kaders beitragen kann.

Ablösefrei und erfahren: Die Strategie im Sturm könnte aufgehen

Mit einer weiteren Personalie ließ sich der FCB zunächst Zeit, schlug dann aber doch zu. Bereits zum Ende der letzten Saison wäre Eric Maxim Choupo-Moting zu haben gewesen, dessen Vertrag bei Paris Saint-Germain ausgelaufen war. Offenbar war man sich in München nicht sicher, ob der deutsch-kamerunische Stürmer wirklich die richtige Wahl ist. Ein echter Superstar ist der 31-Jährige nicht. Auch bei PSG schlüpfte er nur in die Rolle des Reservisten. Mit dem Youngster Joshua Zirkzee stand außerdem ein vielversprechender Lewandowski-Backup eigentlich schon in den Startlöchern. Doch Zirkzee haben die Bayern-Bosse diese Rolle offenbar nicht mehr zugetraut. Das stand spätesten zu dem Zeitpunkt fest, als man sich aktiv nach einem Stürmer-Reservisten umsah und die Fühler nach Hoffenheims Kramaric ausstreckte.

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Läuft ab sofort für die Bayern auf: Choupo-Moting.Bild: www.imago-images.de / Christophe SAIDI

Nun also Choupo-Moting, der einen Vertrag bis Sommer 2021 erhält. Auch wenn der Stürmer nicht mehr der Jüngste ist, verkörpert er für die Bayern, was sie momentan brauchen: Eine ablösefreie und erfahrene Alternative zu Robert Lewandowski.

Zirkzee hingegen hat den Absprung verpasst. Laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung bekundete der 1. FC Köln bereits im August Interesse an dem 19-Jährigen Niederländer. Demnach habe Sportboss Horst Heldt Interesse geäußert, Zirkzee auszuleihen. Doch damals planten Salihamidzic und Co. noch fest mit ihm als Ersatz für Lewandowski. Die Leih-Anfrage aus Köln wurde daher abgeschmettert. Mittlerweile hat Köln anders geplant und kein Interesse mehr an Zirkzee. Bis zum Deadline Day ergab sich für die einstige Münchner Strum-Hoffnung kein Wechsel.

Neuer Hoffnungsträger für das defensive Mittelfeld

Für einen anderen Youngster könnte die Zeit beim FC Bayern dagegen jetzt erst losgehen. Im vierten Deal verpflichtete der Triple-Sieger das spanische Talent Marc Roca. Der 23-Jährige war im vergangenen Jahr schon ein Kandidat für die Münchner. Damals war er aber noch zu teuer. Jetzt soll die Ablöse mehreren Medienberichten zu Folge neun Millionen Euro betragen haben – ein absolut bezahlbarer Betrag für die Bayern. Zumal Roca als defensiver Mittelfeldspieler den Weggang von Thiago perfekt kompensieren könnte. Für Kimmich und Goretzka sind Verschnaufpausen somit garantiert. Bei seinem bishergen Verein wie auch in der spanischen U21-Nationalmannschaft besetzte er die Position des "Sechsers".

Spain U21, U 21 v Germany U21 - UEFA European Under-21 Championship - Final - Stadio Friuli Spain U21 s Marc Roca celebrates with the trophy after winning the UEFA European Under-21 Championship Final ...
2019 gewann Roca mit Spanien die U21-Europameisterschaft.Bild: www.imago-images.de / Nick Potts

Zu Rocas Stärken zählen der ruhige und überlegte Spielaufbau sowie ein gutes Gefühl für den Raum. Damit passt er gut in das Spiel der Münchner – auch, wenn er die spielerische Klasse Thiagos nicht eins zu eins ersetzen wird. Mit seinem Potenzial könnte er aber eine lohnende Investition in die Zukunft sein. Roca erhält einen Vertrag bis 2025.

Fazit: Transfers waren cleverer Schachzug

Der FC Bayern hat mit den vier neuen Spielern keine Topstars geholt, aber das war auch nicht das Ziel. Ihre Wunschspieler konnten die Münchner zwar nicht verpflichten, doch mit einer wirtschaftlichen und überlegten Transferpolitik haben sie eine Grundlage für die anstehende, kräftezehrende Spielzeit in drei Wettbewerben geschaffen. Die vier Ergänzungsspieler verstärken den Kader an den richtigen Stellen, geben ihm Tiefe, Stabilität und die ein oder andere zusätzliche Waffe. Die Transfers waren somit ein cleverer Schachzug.

(lau)

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