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Bundesliga: Trainerentlassungen - Sind's am Saisonende so wenige wie lange nicht mehr?

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Herrlich, Breitenreiter, Köllner, Korkut. Bisher dreht sich das Trainerkarussell noch nicht so schnell wie sonst.Bild: iStockphoto/imago sportfotodienst/watson montage
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Erst 4 Trainer gefeuert! Sind's am Saisonende so wenige wie lange nicht mehr?

17.02.2019, 13:0317.02.2019, 15:31
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Der Trainer ist das schwächste Glied in der Kette, heißt es immer so schön. Wenn der Erfolg eines Fußballclubs ausbleibt, dann wird am Trainerstuhl gesägt: Der aktuelle Coach wird gefeuert, ein anderer soll's dann richten. Oft passiert so eine Entscheidung unter öffentlichem Druck, oft ist sie wenig rational.

In der laufenden Bundesligasaison ist es aber ganz schön ruhig, was die Trainerentlassungen in der Bundesliga angeht. Oder ist das nur ein Gefühl? Trügt der Schein?

Fragen wir doch mal die nackten Zahlen. Bisher waren es in der aktuellen Spielzeit erst vier Trainer, die ihren Stuhl freimachen mussten: Tayfun Korkut in Stuttgart, Heiko Herrlich in Leverkusen, André Breitenreiter in Hannover und zuletzt Michael Köllner, der am 12. Februar beim 1. FC Nürnberg freigestellt wurde.

Wie sah's in den vergangenen zehn Jahren in der Bundesliga aus?

In der Saison 2017/18 waren es zu diesem Zeitpunkt bereits sieben Trainerentlassungen*:

  • Andries Jonker (Wolfsburg)
  • Carlo Ancelotti (Bayern)
  • Alexander Nouri (Werder)
  • Peter Stöger (Köln)
  • Peter Bosz (Dortmund)
  • Markus Gisdol (Hamburg)
  • Hannes Wolf (Stuttgart)

Am 19. Februar 2018 folgte mit Martin Schmidt Trainerentlassung Nummer acht, der Schweizer wurde in Wolfsburg durch Bruno Labbadia ersetzt. Bernd Hollerbach (Hamburger SV) komplettiert die Liste der insgesamt neun Entlassenen in der Saison 2017/18.

  • Während der Saison 2016/17 waren es im Februar ebenfalls sieben Trainerentlassungen. Am Ende der Saison waren es insgesamt neun Trainer, die gehen mussten.
  • 2015/16 waren es im Februar fünf, am Ende der Saison sieben Trainer, die entlassen wurden.
  • 2014/15 waren es im Februar ebenfalls fünf, am Ende der Saison acht.
  • 2013/14: Im Februar ebenfalls fünf, am Saisonende neun.
  • 2012/13: Im Februar vier, am Saisonende sieben.
  • 2011/12: Im Februar sechs, am Saisonende neun.
  • 2010/11: Im Februar ebenfalls sechs, am Saisonende elf.
  • 2009/10: Im Februar acht (inkl. Jörn Andersen, der in Mainz kurz vor Saisonstart durch Thomas Tuchel ersetzt wurde). Am Saisonende waren es zehn entlassene Trainer.
  • 2008/09: Im Februar zwei, am Saisonende fünf.

Stand jetzt sind es also so wenige Trainerentlassungen wie seit der Saison 2012/13 nicht mehr: Nämlich vier.

Gut, das ist erstmal jeweils nur ein gefeuerter Trainer weniger als 15/16, 14/15 und 13/14. Aber: Wenn man sich die aktuellen Situationen der 18 Bundesligaclubs anschaut, dann werden bis zum Ende der aktuellen Saison kaum mehr Entlassungen hinzu kommen.

  • Dortmund: Lucien Favre ist erfolgreich und sitzt fest im Sattel.
  • Bayern: Niko Kovac hat sich nach anfänglichem Schwächeln mittlerweile in München etabliert.
  • Gladbach: Dieter Hecking spielt mit der Borussia eine beeindruckende und stabile Saison.
  • Leipzig: Kommende Saison wird Julian Nagelsmann übernehmen. Ralf Rangnick vom Trainerstuhl wieder ins Management wechseln.
  • Frankfurt: Anfangs noch kritisch beäugt (Pokalaus, Klatsche im Supercup), macht Adi Hütter mit Eintracht Frankfurt da weiter, wo Kovac vergangene Saison bei der SGE aufgehört hat.
  • Leverkusen: Herrlich wurde entlassen, der neue Trainer Peter Bosz hat Leverkusen wieder nach oben geführt.
  • Wolfsburg: Selbst beim VfL läuft's, Bruno Labbadia steht nicht zur Disposition, wird wohl bald seinen Vertrag verlängern.
  • Hertha: Pal Dardai ist mit Berlin immer noch auf Europakurs. Dennoch: Hertha ist unkonstant. Aber: Eine Vereinslegende wie Dardai jagt man nicht einfach vom Hof.
  • Hoffenheim: Siehe Leipzig. Julian Nagelsmann geht am Saisonende ohnehin.
  • Werder: Florian Kohfeldt und Werder Bremen – das passt.
  • Mainz: Sandro Schwarz kennt den Club in- und auswendig, so lange Mainz nicht in höchste Abstiegsnot gerät, bleibt er.
  • Düsseldorf: Die Fortuna hat neulich erst mit Trainerfuchs Friedhelm Funkel verlängert. Der Aufsteiger spielt eine solide Saison, kein Grund zur Panik.
  • Freiburg: Der SC Freiburg geht, wenn nötig, mit Christian Streich auch in die zweite Liga.
  • Schalke: Es kriselt etwas in Gelsenkirchen. Domenico Tedesco hat aber den Kredit, dass er mit S04 vergangene Saison Zweiter wurde. Eher fliegt Manager Christian Heidel...
  • Augsburg: Manuel Baum könnte bald Opfer des Misserfolgs werden, der durch interne Querelen (Caiuby, Hinteregger) befeuert wurde... Aber: Der FCA setzt auf Konstanz.
  • Stuttgart: Immer für eine Entlassung gut. Markus Weinzierl hat von 15 Spielen als VfB-Trainer erst drei gewonnen.
  • Hannover: Breitenreiter ist bereits weg, Thomas Doll soll's richten. Eine weitere Trainerentlassung bei 96? Eher unwahrscheinlich.
  • Nürnberg: Köllner wurde entlassen, Club-Legende Marek Mintal soll die Kohlen aus dem Feuer holen. Wenn der Klassenerhalt nicht gelingt, ist es vorstellbar, dass Mintal den Neuanfang in der 2. Bundesliga vorantreiben soll.

Der einzige Wackelkandidat heißt Markus Weinzierl. Mit Abstrichen auch Manuel Baum – der FCA hatte aber trotz der langen Negativserie zuletzt auf seinen Rauswurf verzichtet.

Wenn also nur noch höchstens ein Trainer in der aktuellen Saison entlassen werden sollte, dann könnten es am Ende so wenige Entlassungen sein wie seit zehn Jahren nicht mehr: Fünf.

Und das wäre doch ein gutes Zeichen im Sinne eines würdevolleren Umgangs mit Fußballtrainern. Der Trainer ist nicht das schwächste Glied in der Kette, sondern nur eines von vielen.

Der Rauswurf ist die falsche Strategie
Auf der Webseite www.die-sportpsychologen.de schreibt Dr. René Paasch:

"Die Sportpsychologen Strauss und Tippenhauer (2003) haben in 35 Spielzeiten zwischen 1963 und 1998 mehr als 10.000 Bundesliga-Spieleergebnisse unter anderem im Hinblick auf den Effekt von Trainerwechseln analysiert. Die Ergebnisse: Der Rauswurf ist die falsche Strategie. Die neuen Trainer hätten ebenfalls keine Besserung bewerkstelligt, wenn die ehemaligen Trainer nur auf Grund der Ergebnisse gehen mussten."

(as)

* Interimstrainer haben wir nicht mitgezählt.

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