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FC Bayern: Rummenigge spricht Machtwort im Streit zwischen Salihamidzic und Flick

Fussball; Spieltag 17; 1. Bundesliga; Saison 2020/2021; FC Augsburg gegen Bayern Muenchen am 20.01.2021 in Augsburg UBz: Trainer Hans-Dieter, Hansi, Flick, Bayern Muenchen mit Jerome Boateng. Foto: Ha ...
Jerome Boateng (l.) und Hansi Flick haben ein besonderes Verhältnis zueinander.Bild: Jens Niering / Jens Niering
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Machtwort von Rummnigge: Streit zwischen Flick und Salihamidzic soll beigelegt werden

09.04.2021, 16:0609.04.2021, 16:05
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"Ich möchte dazu jetzt vor dem Spiel nichts sagen, und nach dem Spiel wahrscheinlich auch nicht", war Hansi Flicks kurze, aber bestimmte Antwort auf der Pressekonferenz am Dienstag vor dem Duell mit Paris Saint-Germain. Zum Fall Jérôme Boateng hatte sich der Trainer zuvor immer wieder geäußert und seine Wertschätzung für den Innenverteidiger zum Ausdruck gebracht. Doch so ganz blieb der Coach seinem Wort nach dem Champions-League-Spiel doch nicht treu.

Flicks Aussagen nach der 2:3-Niederlage gegen die Franzosen am Mittwochabend zeigten sehr deutlich: Beim Rekordmeister brodelt es intern gewaltig. Alle Beteiligten vermieden ein klares Bekenntnis zueinander, doch nun hat Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge ein Machtwort gesprochen.

"Es ist überflüssig, dass wir das permanent kommentieren müssen. Wir brauchen Ruhe und eine Fokussierung auf das Wesentliche."
Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge zum Streit zwischen Trainer Flick und Sportvorstand Salihamidzic

Ausgerechnet vor dem wichtigen Spiel gegen Paris berichtete zunächst der "Kicker" am Montagabend, dass innerhalb des Bayern-Vorstands die Entscheidung getroffen wurde, den Vertrag des 32-jährigen Boateng nicht zu verlängern. Am Dienstag wollte Flick diese Entscheidung noch nicht kommentieren. "Ich lasse das einfach mal so stehen. Ob das stimmt oder nicht, wird sich in den nächsten Wochen zeigen."

Salihamidzic sorgt mit einer Aussage bei Flick für Verwunderung

Aus den nächsten Wochen wurde dann jedoch nur ein Tag. Rund zehn Minuten vor Spielbeginn bestätigte Sportdirektor Hasan Salihamidzic den Boateng-Abschied am Mittwochabend bei "sky": "Ich habe mit Jérôme gesprochen, sein Vertrag läuft aus, er wird auch nicht verlängert."

Dabei überraschte er mit einem Satz wohl auch seinen Trainer. "Das ist eine gemeinsame Entscheidung der Vereinsführung, in die war der Trainer auch eingebunden."

Doch wie glücklich Flick über den Zeitpunkt der Aussage war, zeigte seine Reaktion auf der anschließenden Pressekonferenz am Mittwochabend. "Ich beantworte diese Frage nicht." Und dann fügte er hinzu: "Das sind Dinge, die...Ich muss hier professionell die Fragen beantworten, aber alles muss ich auch nicht beantworten, weil ich das auch nicht möchte". Viel mehr betonte er, dass er ein "bisschen schauspielern" müsste, denn "das gehört auch zum Trainerjob".

Es wirkte, als müsse Flick sich auf die Zunge beißen, damit sein Unverständnis nicht aus ihm heraus brodelt. Interne Kommunikation und klare Absprachen scheint es beim Rekordmeister aktuell nicht zu geben.

FC Bayern: Flick unterstrich den Wert von Boateng seit Wochen

Nach Thiago im vergangenen Sommer und dem bereits feststehenden Abschied von David Alaba verliert Flick nun einen weiteren Leistungsträger seines Teams. "Jeder weiß, wie ich zu Jérôme stehe und was ich für eine Meinung von ihm habe." 2014 wurde Boateng mit Co-Trainer Flick in der deutschen Nationalmannschaft Weltmeister und nach einer schweren Zeit unter Niko Kovac fand der gebürtige Berliner bei den Bayern in den vergangenen zwei Jahren unter Chefcoach Flick wieder zu alter Stärke.

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Hansi Flick (l.) im Training. Bild: www.imago-images.de / Philippe Ruiz

"Er hat aus einer schwierigen Situation – die er ohne Frage hatte – eine wahnsinnige Steigerung gemacht. Er hat hart an sich gearbeitet, um wieder auf dieses Niveau zu kommen. Jérôme ist wieder in Topform und hat die letzten Spiele herausragend gespielt", sagte Flick bereits vor Wochen.

Doch das Münchner Führungstrio um Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, seinen Nachfolger Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic sieht das ein wenig anders.

Flick will Mitsprache bei Personalentscheidungen

Bereits seit Monaten gibt es in Sachen Kaderplanung einige Unstimmigkeiten zwischen den Bayern-Bossen. Öffentlich beteuerten sowohl Flick als auch Salihamidzic, sich ausgesprochen zu haben. Beim internen Meeting "Fußball", das alle zwei Wochen stattfindet, soll die Kommunikation dennoch zeitweise zum Erliegen gekommen sein. Kahn und Rummenigge bezeichneten die dauerhaften Meinungsverschiedenheiten laut "Bild" sogar als "nicht mehr tragbar".

Diskussionen um den Einfluss bei der Kaderplanung gibt es zwischen Flick und den Bayern-Bossen bereits seit Beginn seiner Amtszeit. Der 56-Jährige machte ein gewisses Mitspracherecht bei seiner Vertragsverlängerung zu einer Bedingung. Dabei versicherte auch Vorstandsboss Rummenigge seinem Trainer noch kurz nach dessen Unterschrift im April 2020, dass er in die Personalentscheidungen einbezogen wird.

"Hansi hat ein Mitspracherecht, das ist doch klar. Die Meinung des Trainers spielt bei unseren Personalentscheidungen eine Rolle. Er muss ja mit den Spielern arbeiten", sagte Rummenigge damals.

Wie nun im Fall Boateng deutlich wurde, konnte Karl-Heinz Rummenigge dieses Versprechen wohl nicht halten.

Flicks Flucht zum DFB nicht unwahrscheinlich

Und obwohl Vorstandsboss Rummenigge zuletzt deutlich machte, dass es keine Option sei, Hansi Flick vor seinem Vertragsende 2023 als neuen Nationaltrainer zum DFB ziehen zu lassen, könnten die Münchner ihren Trainer mit diesem Verhalten von allein verdrängen.

Zumal aktuell alle Beteiligten ein klares Bekenntnis zueinander vermeiden. Angesprochen auf seine Zukunft sagte Flick vor dem Spiel genervt: "Jedes Mal das Gleiche. Sie können mich immer wieder fragen, ich habe dazu schon alles gesagt. Mein Fokus ist wirklich, dass wir hier erfolgreich Fußball spielen. Alles andere ist aktuell nicht mein Thema. Deswegen können Sie die Fragen immer wieder stellen, Sie kriegen immer die gleiche Antwort."

Auch Salihamidzic gab vor der Partie bei "sky" kein klares Bekenntnis ab, sondern sagte lediglich: "Die Vertragslaufzeiten sind bekannt. Wir arbeiten jeden Tag am Erfolg. Deswegen ist alles klar." Und auf die Frage, ob er aktuell einen neuen Trainer suche, reagierte der Sportvorstand nach einer kurzen Denkpause ausweichend. "Wir bereiten uns nur auf das heutige Spiel vor. Alles andere bringt ihr in der Debatte hoch, daran möchte ich mich nicht beteiligen."

Assistant coach Hansi Flick and Jerome Boateng (R) seen during the German national soccer team training session at the Estadio Mineirao in Belo Horizonte, Brazil, 07 July 2014. Germany will face Brazi ...
Mit dem DFB-Team wurden Flick als Co-Trainer und Boateng 2014 Weltmeister.Bild: dpa / Andreas Gebert

Bayern-Boss Rummenigge hat nun aber scheinbar endgültig genug von den ewigen Diskussionen. "Dieses Thema muss ein Ende haben", sagte er der "Bild"-Zeitung. "Es ist überflüssig, dass wir das permanent kommentieren müssen. Wir brauchen Ruhe und eine Fokussierung auf das Wesentliche."

Mit ihrem aktuellen Verhalten sorgen die Bayern-Bosse und Flick selbst nicht unbedingt dafür, dass die Spekulationen um die Zukunft des Trainers in den kommenden Wochen aufhören werden.

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