Am Sonntag bestreitet der 1. FC Union Berlin das erste Bundesligaspiel der Vereinsgeschichte. Ein historisches Ereignis, auf das die Berliner Mannschaft jahrelang hingearbeitet hat.
Umso ironischer scheint das erste Los des eisernen Traditionsvereins: Union empfängt RB Leipzig – den, aufgrund der Finanzierung von Red Bull, wohl umstrittensten Verein im deutschen Profifußball.
Grund genug für die Union-Ultras, direkt zu Beginn der Saison auf die Barrikaden zu gehen. Am Freitag kündigte die älteste und führende Ultra-Gruppierung "Wuhlesyndikat" in einem Schreiben an die Fans einen Stimmungsboykott der ersten 15 Minuten an. Diese Entscheidung fällte "Wuhlesyndikat" jedoch nicht alleine, die Mehrheit der 63 eingetragenen Fanklubs soll den Beschluss mitgetragen haben, berichtet der Tagesspiegel.
Den Boykott begründet das "Wuhlesyndikat" mit den gänzlich unterschiedlichen Vorstellungen der Vereine. Der 1. FC Union stehe für einen Fußball, "der geprägt ist von Mitbestimmung, Treue, Stehplätzen, Emotionen, Financial Play, Tradition, Transparenz, Leidenschaft, Geschichte, Unabhängigkeit und Ehrenamt", erläutert die Gruppierung in dem Schreiben.
Dabei handele es sich um "Werte, die vom Konstrukt aus Leipzig mit Füßen getreten werden", begründen sie die Entscheidung weiter. Die Fans wollen die große Bühne der Bundesliga nutzen, um ein "Zeichen des Unmuts" zu setzten.
Nicht nur innerhalb der Fanszene und in den sozialen Netzwerken wird der Boykott heiß diskutiert, auch die Union-Spieler nehmen öffentlich Stellung zum angekündigten Schweigen.
Am Montagmorgen äußerte sich der Union-Torwart und Aufstiegsheld Rafal Gikiewicz auf Instagram kritisch. "Euer geplanter Boykott in den ersten 15 Minuten ist nicht gut für uns Spieler", schreibt er. Weiterhin fordert er die Fans auf, die Mannschaft zu unterstützen: "Wir Spieler, zusammen mit Euch Fans, müssen unseren Gegnern zeigen, dass das UNSER Platz ist, UNSER Haus!"
Der neu erworbene Abwehrstar Neven Subotić dagegen zeigt Verständnis für den angekündigten Boykott. "Als Spieler wünscht man sich in einer perfekten Welt immer 90 Minuten Vollgas. Aber ich habe auch Verständnis für die Ultras und ihre Position. Ich stelle mich hinter unsere Fans, was das betrifft", sagt er gegenüber "kicker".
Er sieht das konsequente Handeln der Ultras als notwendig: "Ich bin auch dafür, dass man am besten einen anderen Weg hat, um zu protestieren. Aber ein Protest, der nicht wehtut, kommt meistens nicht so an und ist eher ein Luxusprotest."
Die Stellungnahme von Trainer Urs Fischer dagegen, klingt beinahe schon etwas besorgt. "Das ist ein komisches Gefühl. Normalerweise ist das Stadion ein Tollhaus. Aber die Fans sind entschlossen. Gut, dass es nur 15 Minuten sind", sagte er am Sonntag nach dem 6:0 Sieg im Pokal gegen Germania Halberstadt.
Ob die Berliner Mannschaft den historischen Bundesliga-Auftakt trotz der angekündigten, ungewohnten Stille wuppen wird, zeigt sich am Sonntag um 18 Uhr.
(kre)