Am Mittwochabend trifft der SC Paderborn im DFB-Pokal auf den HSV. Was nach einer öden Pokal-Partie klingt, war im Jahr 2004 eine der größten Krisen des deutschen Fußballs. Schiedsrichter Robert Hoyzer hatte das Spiel (und einige weitere Partien) für Geld verpfiffen und einen Wettskandal ausgelöst.
Auch fast 15 Jahre nach dem Spiel hat der DFB und der gesamte deutsche Fußball noch immer mit den Nachwehen von Hoyzer zu tun.
Über 130 Spiele pfiff Felix Zwayer schon in der Bundesliga, über 30 im Europapokal. Der Fifa-Schiedsrichter war auch bei der WM 2018 als Videoassistent im Einsatz. Der Schiedsrichter des Jahres 2014 – ein Preis, der vom DFB vergeben wurde – begann seine Karriere jedoch mit einem Schandfleck: Er war Linienrichter von Hoyzer und nahm Geld von diesem an.
Der damals 23-jährige Zwayer nahm vor einem Spiel des Wuppertaler SV gegen die zweite Mannschaft von Werder Bremen 300 Euro von Hoyzer an, um als Schiedsrichter-Assistent kritische Situationen für den Wuppertaler SV zu vermeiden. Dafür wurde er vom DFB-Sportgericht im Mai 2004 für sechs Monate gesperrt, weil er die Vorgänge zu spät angezeigt hat. Der DFB hielt das Urteil jedoch unter Verschluss. Öffentlich wurde diese Sperre erst viel später im Jahr 2014, als Zwayer schon Fifa-Schiedsrichter war, weil Zeit Online das Dokument zum Urteil publik machte. Im Dokument steht unter anderem: Felix Zwayer hat sich "grob sportwidrig" verhalten.
Der DFB hielt Zwayer jedoch zugute, dass ihm ein absichtlicher Fehler nicht nachgewiesen werden konnte, außerdem war er einer der wichtigsten Zeugen und brachte mit anderen Schiedsrichtern den Fall Hoyzer erst ins Rollen.
Juristisch ist die "Akte Zwayer" abgeschlossen, doch moralisch ist sie noch immer fragwürdig. Nicht erst Schiedsrichter-Kollege Manuel Gräfe klagte noch im Jahr 2017 den DFB an: "Wie kann so jemand bis in die Spitze der deutschen Top-Schiedsrichter kommen?" ("SZ")
Auch fast 15 Jahre nach dem Wettskandal ist der Name "Hoyzer" ein Begriff, den jeder in Deutschland kennt. Auch deswegen ist das Interesse nach wie vor groß an der Person Robert Hoyzer. "Ich habe im Jahr immer noch etwa 50 Medien-Anfragen, die reichen von der Teilnahme am Dschungelcamp bis hin zur Fankultur in Magdeburg", erklärte er im Interview mit der "Magdeburger Volksstimme" im Jahr 2016.
Auf die Frage, warum das Buch "Robert Hoyzer – meine Geschichte" denn noch nicht geschrieben wurde, reagierte Hoyzer auch ziemlich klar: "Es wird von mir keine Überraschungen und Fortsetzungen geben. Ich habe null Ambitionen, mich mit dem Thema zu profilieren oder irgendwas zurechtzubiegen." Hintergrund ist ein Vertragsdetail mit dem DFB.
Außergerichtlich hatte Hoyzer einem Schadenersatz in Höhe von 750.000 Euro gegenüber dem DFB anerkannt. Wovon der Ex-Schiedsrichter allerdings nur 126.000 Euro in jährlichen Raten à 8400 Euro zahlen muss. Dafür verzichtete Hoyzer darauf, "einen wirtschaftlichen Nutzen" in Form einer Buchveröffentlichung oder einer Filmproduktion aus dem Skandal zu ziehen. (Bild/dfb.de)
Das heißt: Es wird kein Dschungelcamp mit Hoyzer geben.
Nach dem Pokal-Aus gegen Paderborn schlitterte der HSV in eine Krise. Trainer Klaus Toppmöller verlor seinen Job – und arbeitete nie wieder in der Bundesliga. Der HSV erhielt vom DFB zwar eine Entschädigung in Höhe von zwei Millionen Euro, doch auch dies konnte besonders die Akteure den Fall Hoyzer nicht vollends vergessen lassen.
Bastian Reinhardt stand damals auf dem Feld. Vor dem Spiel gegen den SC Paderborn sieht der ehemalige HSV-Profi nicht ein, warum er Hoyzer verzeihen soll. "Ich habe dafür immer noch kein Verständnis. Mir tut er auch nicht leid, muss ich sagen", sagte er dem NDR. "Ich hätte es an seiner Stelle menschlich groß gefunden, wenn er mal nach Hamburg gekommen wäre und sich persönlich entschuldigt hätte vor der Mannschaft. Das wäre eine Geste gewesen. Da würde ich sagen: 'Okay, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, jetzt können wir die Sache abhaken. Und Hut ab, dass er sich das getraut hat.' Aber das hat er leider nie gemacht."
Schon kurz nach dem Aufkommen des Wettskandals im Jahr 2005 gab der DFB sofort bekannt, dass der Begriff "Hoyzer" von der Bundesliga bis in die Kreisklasse als Beleidigung von Schiedsrichtern behandelt wird und somit zum Platzverweis führt. "In Paragraph 12 ist festgehalten, dass anstößige Beleidigungen einen Feldverweis nach sich ziehen können", erklärte der damalige DFB-Schiedsrichter-Lehrwart Eugen Strigel. Er schränkte jedoch ein: "Sollten von der Außenlinie im Spaß solche Äußerungen getätigt werden, sollte man aber gar nicht darauf eingehen." (RPO)
Besonders von den Tribünen ist der Begriff "Hoyzer" noch lange nicht verschwunden. Neben "Schieber"-Rufen hört man Woche für Woche in den deutschen Stadien auch 15 Jahre nach dem Hoyzer-Skandal noch seinen Namen, wenn man anderer Meinung als der Schiedsrichter ist. Eine Bürde, vor allem für seine ehemaligen Kollegen.
(bn)