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Handball: Fredrik Genz spricht über seinen Job im Handballtor der Füchse Berlin

Fredrik Genz (GER / TW 1 Fuechse Berlin) - Aktion - Spielszene - Querformat - quer - horizontal - Event/Veranstaltung: Fuechse Berlin vs. Rhein Neckar Loewen / Viertelfinale / DHB-Pokal Saison 2018/19 ...
Fredrik Genz ist Torwart bei den Füchsen Berlin. Muss man nicht komplett verrückt sein für diesen Job?Bild: imago/Mario Stiehl
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"Lieber im Gesicht als im Netz" – Ein Profi spricht über seinen Job im Handballtor

25.01.2019, 14:1025.01.2019, 19:59
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Handball-Torwart Fredrik Genz von den Füchsen Berlin lässt sich jeden Tag 100 km/h schnelle Bälle aus wenigen Metern Entfernung um die Ohren werfen und stellt sich ihnen mit vollem Körpereinsatz entgegen.

Dafür muss man eigentlich komplett verrückt sein. Ist Fredrik aber nicht – er ist der dritte Torhüter der Bundesligamannschaft der Füchse und ein ruhiger, freundlicher Typ, der genau weiß, was er in seinen vier Ecken zu tun hat.

Seit 2017 trainiert der 21-jährige Kölner an der Seite von Welt-Torhüter Silvio Heinevetter und Bundesliga-Torwart Malte Semisch, nebenbei läuft er regelmäßig für die zweite Mannschaft der Füchse Berlin auf.

Ein Gespräch über Schmerzen, die Glücksgefühle auslösen, die Konkurrenz zwischen Heinevetter und Wolff sowie die Trance, im Tor zu stehen.

watson: Die Position des Handball-Torwarts gehört zu den härtesten auf dem Feld, physisch als auch psychisch. Warum stehst du im Tor?
Fredrik Genz: Das war nicht unbedingt eine freiwillige Entscheidung. Ursprünglich war ich Feldspieler. Wie das aber in Jugendmannschaften auf dem Dorf so ist, wollte keiner ins Tor. Irgendwann hat meine Trainerin mich dann mal zwischen die Pfosten geschickt …

Und es hat funktioniert.
So gut, dass ich ab dem Zeitpunkt nicht mehr aus dem Tor gekommen bin. Ein paar Jahre später kam dann der erste Verein auf mich zu und hat mich in deren Handballakademie geholt. So ging es weiter, bis ich 2017 zu den "Füchsen" nach Berlin gegangen bin.

Angst ist kein guter Begleiter, wenn man im Handballtor steht.
Angst ist kein guter Begleiter, wenn man im Handballtor steht.Bild: imago/Matthias Koch

Zwischen der Handball-Bundesliga und dem Dorfverein liegen Welten – wenn so ein 100-Kilo-Koloss auf dich zugerast kommt, packt dich da manchmal die Angst?
Nein. Im Tor schaltet man solche Instinkte komplett aus, sonst würde man in der Bundesliga kein Spiel überleben. Das ist wie eine Trance, man steht im Kasten und wartet auf die Würfe von den 100-Kilo-Männern. Das sind nämlich genau die Dinger, die man unbedingt halten will.

Und wenn der Wurf dann kommt?
Dann bin ich hoch konzentriert und voller Adrenalin. Wenn so ein Ball auf dich zukommt, blendest du alles aus und bist völlig fixiert. Hältst du ihn dann auch noch, ist es das beste Gefühl überhaupt.

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Video: watson/marius notter, katharina kücke

Oft landet der Ball aber auch im Netz.
Ja, natürlich. Gerade als Handball-Torwart muss man damit klarkommen, dass neben den paar gehaltenen Bällen, auch immer viele im Netz landen. An schlechten Tagen kann die Position deswegen auch undankbar und frustrierend sein, kein Fehler bleibt ungestraft. Genau dafür gibt es im Handball aber den Ersatztorhüter – der springt zum Beispiel ein, wenn man beginnt, psychisch zu blockieren. Das nimmt viel Druck.

Beim Fußball ist das Auswechseln des Torwarts die Höchststrafe. Wo liegt der Unterschied?
Handball-Torhüter sind ein Team im Team. Man steht in ständiger Absprache und will das Beste für die Mannschaft. Das bedeutet eben auch, dem aktiven Torhüter in Auszeiten Tipps zu geben und ihn in schwierigen Minuten emotional zu unterstützen. Außerdem muss man beachten, dass viel mehr Bälle in viel geringerer Zeit beim Handball auf das Tor ballern als beim Fußball. Es vergeht keine Minute, in der nichts passiert. Deswegen gibt es einem eine gewisse Sicherheit, dass noch jemand am Rand steht, der alles beobachtet, einen aufbaut und im Notfall einspringen kann.

Die enge Zusammenarbeit kann man auch bei den Nationaltorhütern Wolff und Heinevetter beobachten. Trotzdem kann ich mir kaum vorstellen, dass es da keinerlei Konkurrenzgedanken gibt.
Natürlich hat jeder Torhüter den Ehrgeiz, das Beste abzuliefern. Unglaublich wertvoll ist es aber, einen Partner im Tor zu haben, mit dem man gut harmoniert und dem man vertraut – das kann man bei Wolff und Heinevetter deutlich sehen. Die stehen in ständiger Absprache: vor dem Spiel, währenddessen und danach – sie sind ein Team. Der Konkurrenzgedanke spielt deswegen eine untergeordnete Rolle und hat auf dem Feld nichts verloren.

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Ein Team im Team: Fredrik Genz diskutiert auf der Bank mit Torwartkollege Silvio Heinevetter (r.).Bild: imago/Mario Stiehl

Christian Schwarzer, Weltmeister von 2007, sagte im watson-Interview, dass der Torhüter die wichtigste Position auf dem Feld hat. Stimmt das?
Der Torhüter kann zumindest zur wichtigsten Position werden. Wenn die gegnerische Mannschaft am Torwart verzweifelt, dann kann das Spiel deswegen gewonnen werden. Andersherum ist ein Torhüter, der einen schlechten Tag hat und für die Gegner lesbar ist, fatal für das Spiel – Torhüter tragen eine große Verantwortung.

Torhüter müssen auch körperlich gut einstecken können. Empfindest du überhaupt noch Schmerzen?
Ob man es glaubt oder nicht, man kann sich an Schmerzen gewöhnen. Ich stelle mich jeden Tag harten Bällen in den Weg, dementsprechend bin ich relativ abgehärtet. Zudem hängen Schmerzen und Erfolg bei Handball-Torhütern eng zusammen, denn wenn ich einen Ball ins Gesicht oder in die Magengrube bekomme, liegt er nicht im Tor. Und darauf kommt es an.

Der Schmerz, den ein 100 km/h schneller Ball im Gesicht auslöst, wird von Glücksgefühlen übertüncht?
So ähnlich. Während des Spiels merkt man viele Schmerzen einfach nicht. Erst später in der Kabine oder abends auf der Couch, wenn das Adrenalin nachlässt, denkt man: Oh, da habe ich ja ganz schön einen abbekommen. Aber während des Spiels geht es eben nur darum, den Ball nicht in das Tor zu lassen – dann schon lieber ins Gesicht.

18.12.2018, xlakx, Handball DHB Pokal Viertelfinale, Fuechse Berlin - Rhein Neckar Loewen emspor, v.l. Freude bei Fredrik Genz (Fuechse Berlin 1) Berlin *** 18 12 2018 xlakx Handball DHB Cup Quarterfi ...
Das schönste Gefühl!Bild: imago/Jan Huebner

Man kann während der WM immer wieder beobachten, dass Torhüter nicht einmal zucken, wenn ein Sieben-Meter-Wurf angetäuscht wird. Wie funktioniert das?
Man ist in diesen Momenten extrem fokussiert und versucht den Augenblick, in dem der Ball die Hand verlässt, genau abzuwarten. Du willst kein Antäuschen und keinen Blick vom Schützen verpassen. Das fehlende Zucken ist eher Disziplin als Training.

Du bist mit 21 Jahren noch einer der jüngeren Spieler. Hast du Angst vor einer Verletzung, die deine Karriere beenden könnte?
Nein, daran verschwende ich keinen Gedanken. Handball lebt von ruppigen und körperbetonten Einsätzen. Das Risiko gehört dazu. Die ständige Furcht vor einer Verletzung würde mich vollkommen blockieren und mir die Leichtigkeit am Spiel nehmen – das geht nicht.

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