Sport
Meinung

FC Bayern: Spiel nach Hopp-Schmähungen fast abgebrochen – Messlatte liegt nun hoch

29.02.2020, xmeix, 1.Fussball Bundesliga,TSG 1899 Hoffenheim - FC Bayern Muenchen, emspor, v.l. Bildmitte Hoffenheims Maezen Dietmar Hopp mit Karl-Heinz Rummenigge nach dem Spiel mit den versammelten  ...
Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp (vorn links) mit Karl-Heinz Rummenigge (rechts daneben) nach dem Spiel mit den versammelten Spielern beider Mannschaften.Bild: imago images/Jan Huebner/meiser
Meinung

Fast-Spielabbruch wegen Hopp-Schmähungen: Die Messlatte liegt jetzt hoch

01.03.2020, 17:0502.03.2020, 10:15
Mehr «Sport»

Wie das Spiel zwischen der TSG Hoffenheim und dem FC Bayern München am Samstagnachmittag beim Stande von 6:0 für den deutschen Rekordmeister zu Ende ging, hatte etwas Skurriles. Unter dem Applaus der Zuschauer und Dietmar-Hopp-Sprechchören spielten sich die Profis beider Teams aus Protest in den letzten 13 Minuten im Regen nur noch die Bälle rund um den Mittelkreis zu. Schiedsrichter Christian Dingert hatte die Partie zuvor aufgrund von Hass-Plakaten aus dem Bayern-Block gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp ("Hurensohn") zweimal unterbrochen.

Zunächst einmal: Man kann von Hopp halten, was man will. Aber ihn als "Hurensohn" zu bezeichnen, ist kein Argument gegen die vom Sportgericht des DFB ausgesprochene Kollektivstrafe gegen die Fans von Borussia Dortmund, die als Auslöser für die Hetze gegen ihn gilt.

Hopp mag das Gesicht sein, das für die Kommerzialisierung im Fußball steht. Das darf man auch kritisieren. "Hurensohn" ist aber einfach nur plump und eine gezielte Provokation, die den Konflikt weiter eskalieren lassen soll, der sich durch die verhängte Kollektivstrafe gegenüber den Fans andererseits auch nicht gerade entspannt hat.

Hintergrund:
Die BVB-Anhänger dürfen in den kommenden beiden Spielzeiten wegen ihrer Hopp-Schmähungen in der Vergangenheit nicht ins Sinsheimer Stadion. Der Mäzen der TSG geht schon länger auch zivilrechtlich gegen Fans vor, die ihn beleidigen.

Trotzdem fragt man sich, warum erst jetzt so eindringlich, so geschlossen und lautstark gegen Hass und Hetze im Stadion protestiert wird. Warum nicht auch schon, als Hertha-Profi Jordan Torunarigha im Spiel gegen Schalke rassistisch beleidigt wurde? Warum stellten die Drittliga-Profis von Münster und Würzburg nicht auch aus Protest das Spielen ein, nachdem der Würzburg-Profi Leroy Kwadwo von einem Zuschauer mit Affenlauten verhöhnt wurde? Und wer beschwerte sich, als Hoffenheimer Fans Nationalspieler Timo Werner als Hurensohn bezeichneten?

FILE PHOTO: Soccer Football - DFB Cup - Third Round - Schalke 04 v Hertha BSC - Veltins-Arena, Gelsenkirchen, Germany - February 4, 2020 Hertha BSC's Jordan Torunarigha reacts after being sent of ...
Jordan Torunarigha (l.) ist im Pokalspiel gegen Schalke 04 rassistisch beleidigt worden.Bild: reuters

Und warum redet Karl-Heinz Rummenigge erst jetzt davon, dass "klare Kante" gezeigt werden muss? Vielleicht wäre es ja in Sinsheim erst gar nicht zur plumpen Hetze gegen Hopp gekommen, wenn schon längst bei jeglichen beleidigenden Äußerungen in der Vergangenheit klare Kante gezeigt worden wäre.

Der Aufschrei nach den Beleidigungen gegen Hopp am Samstag war richtig, im Gegensatz zu anderen Hassparolen und Pöbeleien aber auch unverhältnismäßig groß. Viele Fans beschleicht nun das Gefühl, dass im deutschen Fußball mit zweierlei Maß gemessen wird, dass andere Beleidigungen Delikte zweiter Klasse sind.

Die Verantwortlichen des deutschen Fußballs müssen jetzt liefern. Sie haben am Samstag bereits Hass und Hetze den Kampf angesagt: "Jetzt muss durchgegriffen werden. So geht es nicht mehr weiter", sagte DFB-Präsident Fritz Keller. "Jegliche Art von Hass darf keinen Platz haben, dies muss der Anspruch des gesamten deutschen Profi-Fußballs sein", äußerte DFL-Boss Christian Seifert.

Christian Seifert (l.), der Boss der DFL, und Fritz Keller, der DFB-Präsident.
Christian Seifert (l.), der Boss der DFL, und Fritz Keller, der DFB-Präsident.Bild: imago images/Contrast/o. behrendt

Das ehrt DFB und DFL. Dem müssen dann aber auch wirklich Taten folgen. Zu "jeglicher Art von Hass" gehören dann auch Rassismus, Sexismus, Homophobie, Antisemitismus. An der Umsetzung der Maßnahmen müssen sich nun alle Verantwortlichen messen lassen.

Und die Messlatte liegt nach Samstag sehr hoch. Mit der Inbrunst und der Konsequenz, mit dem Bayern und Hoffenheim auf die Hassplakate und Beleidigungen gegen Hopp reagierten, muss in Zukunft auch auf jegliche Art von Diskriminierung und Ausgrenzung in den Stadien reagiert werden. Dann waren die skurrilen 13 Minuten im Regen von Sinsheim ein Schritt in die richtige Richtung. Denn Hass ist keine Meinung – gegen welchen Menschen auch immer er sich richtet.

Die 7 lustigsten Protest-Banner für den Erhalt von 50+1
1 / 9
Die 7 lustigsten Protest-Banner für den Erhalt von 50+1
"Halt Stop! 50+1 bleibt so wie es ist!" -Erzgebirge-Aue-Fans wandelten Andreas' weiseste Weisheit gegen Greuther Fürth letztes Wochenende ab.
quelle: imago sportfotodienst / s.sonntag
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DFB verlängert mit Julian Nagelsmann: Verband hat nichts dazugelernt
In seiner wöchentlichen Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen.

Julian Nagelsmann zieht 56 Tage vor dem Eröffnungsspiel der Fußball-Europameisterschaft nach und verlängert – ebenso wie Rudi Völler vor zwei Wochen – seinen Vertrag beim DFB. Ebenfalls für zwei weitere Jahre bis zum Abschluss der WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko.

Zur Story