So absurd das in der jetzigen Situation auch klingen mag, aber endlich muss man keine Ausrede mehr für einen entspannten Binge-Watching-Marathon auf der Couch mehr finden. Derzeit müssen wir ohnehin alle zu Hause bleiben. Gut, dass Netflix am Montag (23. März) mit Serien-Nachschub aufwartet.
Der Streaming-Dienst hat sich mit dem ORF zusammengetan und die achtteilige Mysteryserie "Freud" produziert. Wie der Name schon vermuten lässt, dreht sich alles um den Begründer der Psychoanalyse, den Nervenarzt Sigmund Freud. Gespielt wird der von Robert Finster.
Die Serie feierte bei der diesjährigen Berlinale in Berlin Premiere, nun startet sie auf Netflix. Und wer nichts gegen ein wenig Gruselatmosphäre hat, sollte hier unbedingt mal reinschauen. Hier trifft ein Kriminalfall auf das Unterbewusste.
Im Gegensatz zu vielen anderen Serien, die aktuell gehyped werden, spielt diese österreichisch-deutsch-tschechische Produktion nicht in den 70er Jahren, sondern im Jahr 1886. Damals war Freud 30 Jahre alt – bis hier stimmen Realität und Fiktion überein. Aber wie sieht es mit dem weiteren Inhalt aus? Watson macht den Reality-Check!
Der Netflix-Sigmund-Freud ist so, wie er dargestellt wird, weder biografisch noch historisch ganz korrekt – Parallelen gibt es aber natürlich zahlreiche. Regisseur Marvin Kren brachte es in einem Interview mit dem österreichischen "Volksblatt" auf den Punkt: Da Freud selbst sämtliche persönliche Papiere aus der Zeit, in der er jung war, zerstört habe, gebe es "einen relativ freien Ansatz", einen Freud zu erzählen, "der nicht hundertprozentig von biografischen Ansätzen geprägt ist". Statt auf den anerkannten, weltberühmten Psychoanalytiker konzentriert sich die Serie auf den extrem ehrgeizigen Freud, der erpicht darauf ist, "seine Position als Arzt in Wien zu erlangen", wie Kren weiter beschreibt.
Außerdem wird seine Wissenschaft für das Netflix-Projekt radikal heruntergebrochen, eben massentauglich gemacht. Kein Wunder, Freuds Theorien und Ansätze sind ja auch nicht einfach in zwei Sätzen erklärt.
Sehr nah an der Realität ist hingegen das Wien der 1880er Jahre. Es ist düster und grau – zumindest dort, wo sich der Großteil der Bevölkerung aufhält. Die Oberschicht lässt es hingegen dekadent krachen.
Den meisten Figuren nimmt man ihren wienerischen Hintergrund gerne ab. Sie grummeln – oder wie der Österreicher sagen würde: granteln – im typisch wienerischen Dialekt, sitzen beim Heurigen (quasi die österreichische Variante einer Wein-Bar) oder auf der Bude (einem Ort, egal ob Kneipe oder Privatwohnung, an dem sich Studentenverbindungen treffen).
In einem weiteren Punkt orientiert sich die Serie ebenfalls stark an den historischen Begebenheiten. In der damaligen Zeit wurde viel zur Wirkungsweise von Kokain geforscht. Da war es auch nicht unüblich, zu Studienzwecken die Droge auch selbst zu konsumieren. Und so machte es auch Freud. In der Serie ist das Koks ebenfalls allgegenwärtig und kommt gerne auch auf Partys der feinen Wiener Gesellschaft zum Einsatz.
So findet man in der Netflix-Serie den Protagonisten meist ziemlich berauscht vor. Das dürfte 1886 etwas anders ausgesehen haben. Damals hatte Freud Kokain vor allem in sehr geringen Dosen eingenommen, um seine Nasennebenhöhlenentzündung zu behandeln.
In den acht Episoden geht es um einen Kriminalfall, der zum Auftakt einer großen Verschwörung wird. Real ist und war das nicht. Der besagte Kriminalfall ist reine Fiktion. Genau wie Freud als "Ermittler". Denn Freud hat sich zwar mit vielem befasst, Ermittlungsarbeit à la Sherlock Holmes gehörte dann aber doch nicht dazu.
Der Produzent hatte aber die fixe Idee, Freud in eine Detektivgeschichte um die Jahrhundertwende zu stecken, wie Kren im Interview mit dem "Volksblatt" ebenfalls berichtet. Deshalb setzten die Macher auf einen Freud, "der wirklich eine Möglichkeit der Realität gewesen sein könnte". Aber wie er schon sagt: Eben nur eine Möglichkeit.
(jei)