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Merkel bei "Anne Will": Kanzlerin droht den Ländern – und kritisiert Laschet

28.03.2021, Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist zu Gast in der ARD-Talksendung "Anne Will". Foto: Wolfgang Borrs/NDR/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenh ...
Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht sich bei "Anne Will" für härtere Corona-Maßnahmen aus und mahnt die Bundesländer. Bild: dpa / Wolfgang Borrs
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Merkel bei "Anne Will": Die Kanzlerin droht den Ländern – und kritisiert Laschet

29.03.2021, 07:2529.03.2021, 16:04
Deana Mrkaja
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"Dieser Fehler ist einzig und allein mein Fehler" - mit diesem Satz bat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch die Bürger um Verzeihung und stoppte die ursprünglich geplante "Osterruhe". Diese Erklärung gilt als Zäsur - nicht nur in der deutschen Pandemie-Politik, sondern auch in Merkels Amtszeit. Was bedeutet das Fehlereingeständnis für das weitere Krisenmanagement von Bund und Ländern? Bei "Anne Will" steht die Kanzlerin der Moderatorin Rede und Antwort und tritt dabei sehr entschieden auf. Merkel drängt die Länder zu härteren Maßnahmen - falls diese nicht getroffen werden, zieht sie in Erwägung, selbst härter durchzugreifen. Es ist eine unverhohlene Drohung.

"Sie haben die Bürgerinnen und Bürger um Verzeihung gebeten. Wofür genau?", eröffnet Anne Will das Gespräch mit der Kanzlerin am Sonntagabend in ihrer Sendung. "Für die Verunsicherung", erklärt die CDU-Politikerin. "Dass ich mir etwas überlegt hatte, dass....", wird sie plötzlich von der Moderatorin unterbrochen, "Sie allein?" "Nein, so etwas passiert ja nie allein. Aber ich trage schon die letzte Verantwortung." Sie habe erkannt, dass die geplanten Maßnahmen nicht "realisierbar" gewesen wären, weshalb sie um Verzeihung gebeten habe.

Bundeskanzlerin Merkel bei ihrer öffentlichen Entschuldigung.
Bundeskanzlerin Merkel bei ihrer öffentlichen Entschuldigung. ARD/Screenshot

Es hätte doch schon andere Anlässe gegeben, bei denen man sich hätte entschuldigen können - beim Impfen oder Testen - erklärt Will. Sie wundere sich, warum das bei einem "handwerklichen Fehler" passiere. Es habe "Unzulänglichkeiten" gegeben, aber so gelinge vieles und manches eben auch nicht, erklärt Merkel. Hierbei sei eben klar geworden, dass die geplanten Maßnahmen nicht umsetzbar sind, weshalb sie sich dazu entschieden hat, sie zurückzunehmen. Für sie sei dieser Entschluss eine Zäsur gewesen, dass es nicht mehr weitergehen könne wie bisher. Die Bundeskanzlerin wiederholt ihren Satz aus dem vergangenen Jahr und sagt, dass die "Situation ernst ist". Die dritte Welle müsse gebrochen werden.

"Die Instrumente sind nicht ausreichend da, aber der Instrumentenkasten ist da."
Angela Merkel

Merkel droht: Der Bunde könnte tätig werden, wenn Länder nicht handeln

Die Umsetzung der Maßnahmen in den Ländern würde nicht zu ihrer Zufriedenheit laufen, erklärt sie und mahnt: "Die Länder müssen nachlegen!" "Wollen Sie die Macht an sich reißen?", fragt Will nach. "Ich kann die gar nicht an mich ziehen. Es gibt ganz klar eingespielte Regeln." Merkel, die seit bald 16 Jahren im Amt ist, erwägt jedoch die Option, selbst strenger zu handeln. Sollten die Länder die nötigen Maßnahmen nicht ergreifen, deutete sie an, dass der Bund tätig werden könnte. Eine Möglichkeit sei es, "das Infektionsschutzgesetz noch mal anzupacken und ganz spezifisch zu sagen, was muss in welchem Fall geschehen".

Angela Merkel (r.) zu Gast bei "Anne Will".
Angela Merkel (r.) zu Gast bei "Anne Will". ARD/Screenshot

Zwar wirkt die Kanzlerin nun entschlossen, doch wundert sich Moderatorin Will darüber, dass sie nicht direkt gehandelt und ihre Fehler korrigiert habe. Doch das möchte die CDU-Politikerin nicht auf sich sitzen lassen und erklärt, dass es die Notbremse gebe. Sie merkt jedoch an: "Sie wird nicht überall eingehalten. Ich hoffe, es gibt ein Nachdenken". Sie selbst spricht sich für weitere Maßnahmen aus: Dazu zählen weitere Kontaktbeschränkungen, ebenso wie Ausgangsbeschränkungen.

RKI-Chef Lothar Wieler warnte erst kürzlich, dass es bald pro Tage 100.000 Neuinfektionen geben könnte, wenn die Maßnahmen so blieben wie bisher. "Schicken Sie die Länder bald in einen harten Lockdown?", will Will daher von Merkel wissen. Ganz konkret antwortet sie nicht, sondern sagt, dass die Verpflichtung zum Homeoffice bestünde und gegebenenfalls besser kontrolliert werden müssen, wenn sich die Firmen nicht daran halten. Ansonsten müsste man etwas an der "Arbeitsschutzverordnung tun". Ebenso müssten Kinder zwei Mal die Woche in der Schule getestet werden. All das sei kein "Allheilmittel", weshalb sie sich für weitere Beschränkungen ausspreche.

"Wir brauchen keine MPK, wir brauchen Handeln in den Ländern!"

Die Maßnahmen der Notbremse müssten mit "großer Ernsthaftigkeit" umgesetzt werden. "Einige tun das, andere nicht. Wenn das nicht passiert, muss man sich überlegen, wie das bundeseinheitlich geregelt werden kann." Winfried Kretschmann, der Ministerpräsident Baden-Württembergs, hat nach erneuten Gesprächen der Ministerpräsidentenrunde gefragt. Doch hierbei zeigt sich die Kanzlerin sehr entschieden. Die Länder wüssten sehr genau, welche Maßnahmen sie ergreifen können, je nach Lage. Deshalb erteilt Merkel dieser Forderung auch eine klare Absage: "Wir brauchen keine MPK, wir brauchen Handeln in den Ländern!"

Angela Merkel zeigt sich bei "Anne Will" sehr entschlossen.
Angela Merkel zeigt sich bei "Anne Will" sehr entschlossen. ARD/Screenshot
"Ich staune über Ihre zarten Begrifflichkeiten."
Anne Will

Da äußert sich die Moderatorin und wirft der Kanzlerin vor, sie würde viel riskieren, wenn sie auf die Länder wartete. "Es ist noch zu viel Hoffnung im Spiel in den Ländern, aber es findet ein Umdenken statt", sagt Merkel und macht deutlich: "Eine Sache kann ich nicht umgehen. Wir brauchen Bund und Länder zusammen!" Falls das Infektionsschutzgesetz angepackt werden sollte, müsste das zunächst in den Bundestag und dann in den Bundesrat. Von dieser "Option" habe sie bisher noch keinen Gebrauch gemacht, sagt sie.

Will lässt nicht locker und fragt die Regierungsverantwortliche, warum sie nicht längst eine Art "Krisenreaktionszentrum" aufgebaut habe, ähnliche wie nach Terroranschlägen. "Schauen Sie, wir haben das Corona-Kabinett. Das ist unser Krisenstab", erklärt Merkel ganz nüchtern und zählt dann noch auf, welche weiteren Task Forces gebildet wurden, um die Pandemie zu bekämpfen. "Die Frage ist doch am Ende: Kommen wir alle zu den gleichen Schlussfolgerungen?" Bei der zweiten Welle, gibt die Kanzlerin zu, habe man "verzögert gehandelt". Jetzt würde sich das wieder andeuten. Und dann sagt sie deutlich:

"Wenn wir das alte Virus noch hätten, dann wären wir schon viel weiter. Wir haben im Grunde eine neue Pandemie. Wir haben ein neues Virus. Es ist noch tödlicher, noch infektiöser."

Merkel über Laschets Verhalten: "Das erfüllt mich nicht mit Freude"

Anne Will bleibt dran: "Nochmal: Warum haben Sie sich dann nicht durchgesetzt?" "Zum Schluss ist immer alles durchgesetzt worden", sagt die Unions-Politikerin. Demokratie sei nicht "par ordre du mufti" zu verstehen, sondern ist ein Kompromissakt. Merkel ist davon überzeugt, dass die nächsten Tage und Wochen die richtigen Entscheidungen getroffen würden.

"Ich werde nicht dabei zuschauen, dass wir 100.000 Infektionen am Tag haben."
Angela Merkel

Dann spricht die Moderatorin noch Bundesländer an, die nun im Alleingang die Verordnungen der Notbremse dehnen und Öffnungen einführen - so wie das Saarland, das auch von einem Parteikollegen regiert wird. Die Fallzahlen dort seien nicht stabil und somit gebe es keine Grundlage für das Öffnen, kritisiert Merkel.

Und wie sieht es in Nordrhein-Westfalen aus, wo der neue CDU-Vorsitzende Armin Laschet regiert? "Ich habe mir die Notbremse nicht so flexibel gedacht", sagt die Bundeskanzlerin und meint damit das Vorgehen des Ministerpräsidenten, der in manchen Ortschaften Öffnungen erlaubt und in andere nicht. "Verstößt Laschet gegen den Beschluss?", hakt Will nach. "Nicht nur er", sagt Merkel und merkt an, dass viele Bundesländer weite Interpretationen der Notbremse hätten. In Bezug auf ihren Parteikollegen Laschet sagt sie: "Das erfüllt mich nicht mit Freude."

Dann zeigt sich die Kanzlerin auch demütig: "Ich wäre glücklich, meine trüben Prognosen würden sich nicht erfüllen. Ich bin eigentlich ein optimistischer Mensch und ich will gar nicht, dass ich recht behalte." Merkel kritisiert zum Schluss auch noch die Rollenverteilung: Sie habe das Gefühl, das Bundeskanzleramt würde als "streng" dargestellt werden, während die Länder eher "lockerer" seien. "Diese Rollenverteilung ist nicht gut. Wir haben doch alle dasselbe Ziel."

In Bezug auf die Beschaffungsmaßnahmen des Impfstoffs durch die Europäische Union sieht Merkel auch Monate später noch keine großen Fehler und steht hinter den Entscheidungen. Sie erklärt dabei genau, wie alles abgelaufen ist, aber kommt am Ende zu dem Schluss: "Wir haben sowieso keine Ruhe von der Pandemie, solange nicht alle Teile der Welt geimpft sind."

Kanzlerin kritisiert deutschen "Perfektionismus"

Die Bundeskanzlerin hält immer noch an ihrem Versprechen fest, dass bis zum 20. September 2021 jedem Bundesbürger ein Impfangebot gemacht werden kann. Sie fordert mehr Flexibilität beim Impfen: "Wenn Hausärzte noch drei Impfdosen am Abend übrig haben, dann müssen die verimpft werden." Dann kritisiert sie das Deutschsein: "Wir sind manchmal sehr perfektionistisch. Jetzt muss Flexibilität da sein. Das ist ein Kennzeichen, das wir Deutsche noch mehr lernen müssen, neben unserem Hang zum Perfektionismus."

Merkel fordert mehr "Flexibilität" von den Deutschen.
Merkel fordert mehr "Flexibilität" von den Deutschen.ARD/Screenshot

Das Vertrauen in die Regierung sei zurückgegangen, sagt Anne Will und nennt einige Punkte, weshalb das geschehen ist - von der permanenten Verschiebung der Verantwortlichkeiten, über die nicht funktionierende digitale Kontaktnachverfolgung, bis hin zu Abgeordneten, die sich an der Pandemie bereichert haben. "Wie wollen Sie das Vertrauen aufbauen?" "Durch konsequentes Handeln", antwortet Merkel.

Das Verhalten ihrer Parteikollegen in Bezug auf den Masken-Skandal nennt die Kanzlerin "empörend". Dass die Personen aus ihrer eigenen Fraktion stammten, "schmerzt besonders". Sie versteht, dass Vertrauen verloren gegangen ist. "Was ist Ihr Anteil daran?", fragt Will am Ende der Sendung. "Wir machen alle Politik und ich bin Teil der Umfragen, das ist doch klar", gibt Merkel zu. "Ich werde mir dennoch Mühe geben, das, was Menschen nicht gefällt, besser zu machen."

Ob dieser Vertrauensverlust die CDU am Ende das Kanzleramt koste? "Die CDU hat ja kein Recht auf das Kanzleramt." Sie selbst habe ihre Arbeit immer als "große Ehre" betrachtet. "Werden Sie mit einem guten oder einem erschöpften Gefühl abtreten?", fragt Anne Will zum Schluss. Merkel gibt sich entschlossen: "Ich habe jetzt noch sechs Monate, plus Regierungsbildung. Jeder Tag ist extrem anspruchsvoll. Ich werde jeden Tag mit Entschlossenheit alles tun, Gutes für das Land beizutragen. Wie dann mein Gefühl sein wird, das weiß ich nicht."

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