Deutschland lockert in absehbarer Zeit – das ist zumindest der Plan von Bund und Ländern. Doch die Infektionszahlen sind weiter ziemlich hoch und das Impfen geht nicht wirklich voran. Wie lockern wir also so sicher wie möglich? Darüber spricht Maybrit Illner am Donnerstagabend im ZDF mit folgenden Gästen:
"Ich glaube wir schaffen es nicht mehr", sagt Oberbürgermeister Boris Palmer. Sollte noch bis zum Sommer damit gewartet werden, den Einzelhandel zu öffnen, würden es viele Läden nicht schaffen und reihenweise Geschäfte würden pleitegehen. Auch die Menschen seien sehr Lockdown-müde.
Und SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, seit Monaten Stammgast in allen Talkshows, schaltet sofort wieder in den Warnmodus, in dem er sich seit Beginn der Pandemie befindet. "Da rasen zwei Züge aufeinander zu und keiner weiß, wie das ausgeht", beginnt er schon drastisch und mit Verweis auf die britische Corona-Mutationen, die sich in Deutschland immer weiter ausbreitet. Lauterbach führt aus:
Lauterbachs Krisenmodus stößt momentan allerdings auf wenig Beliebtheit bei den Politiker-Kollegen, immer wieder bekommt er starken Gegenwind. So auch an diesem Abend. Während einem von Lauterbachs Wortbeiträgen zur mangelnden Qualität vieler derzeit in der Zulassung steckender Schnelltests, schaltet sich Grünen-Politiker Palmer ein und fällt seinem Kollegen ins Wort. Seine Stimme ist mit einem Mal sehr laut - was wohl auch an seinem Mikrofon liegt:
Lauterbach verteidigt sich, sagt er würde auch Lösungen anbieten, Moderatorin Illner schneidet sich kurz darauf auch noch dazu. Als Mahner und Warner hat man es in einer lange andauernden Krise nun mal nicht besonders leicht.
Das gilt auch für die Bundesregierung. Denn dort besteht derzeit alles, nur keine Einigkeit. Vor allem zwischen Kanzlerin Merkel und Gesundheitsminister Spahn kriselt es gewaltig, immer wieder preschte Spahn mit Aussagen vor, die Merkel später wieder einfing. Ob Spahn zu schnell und Merkel zu langsam sei, fragt Moderatorin Illner die zugeschaltete ZDF-Journalistin Shakuntala Banerjee.
Die antwortet nicht klar mit "ja", ordnet aber ein, dass Jens Spahn an einigen Stellen wohl zu überschwänglich mit kleinen Erfolgen umging und sich deshalb auch häufiger schon erklären musste.
Einer der größten Streitfaktoren ist dabei die Impfstoff-Frage. Das Thema Beschaffung ist gefühlt schon wieder in der Schublade, jetzt regiert vielmehr das Problem, dass mehr als eine Million Dosen des Impfstoffs von AstraZeneca unbenutzt herumliegen. Und dass nicht nur, weil das Mittel ein Imageproblem hat und nicht für Über-65-Jährige zugelassen ist – sondern auch weil die Organisation vorsichtig formuliert offenbar sehr schlecht ist.
Heißt: Diese Gruppen können keinen Impf-Termin bekommen, weil das Mittel nicht für sie freigegeben ist. Für Susanne Schreiber ein Unding. Und man fragt sich wieder einmal, wie so etwas passieren kann und warum die Freigabe so lange dauert. Selbst der Weltmeister der Vorsicht, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, hatte jüngst gefordert, die Priorisierung einfach mal zu vergessen und die vorhandenen AstraZeneca-Dosen frei zu verimpfen.
In der Runde besteht Einigkeit darüber, dass man den britisch-schwedischen Impfstoff für sehr gut hält und dass man sich sofort mit ihm impfen lassen würde.
Und der Wissenschaftsjournalist Harald Lesch, der an diesem Abend mehrfach "Pragmatismus" fordert und sich damit dafür stark macht, nur an den Stellschrauben zu drehen, an denen es auch sinnvoll ist zu drehen ("wir können nicht einfach wieder sagen, wir fangen überall an zu öffnen"), richtet einen wichtigen Appell an die Bevölkerung: