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Raumfahrt: Das Rennen zum Mond ist wieder eröffnet. China und Private mischen mit.

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Das Rennen zum Mond ist wieder eröffnet – und nicht nur Staaten mischen mit 

09.12.2018, 13:15
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Vergiss den Mars, der Mond wird wieder cool. Fast ein halbes Jahrhundert nachdem der US-Astronaut Neil Armstrong als erster Mensch den Mond betreten hat, reizt es auf einmal weltweit wieder die Macher aller Raumfahrtprogramme.

Jeder will der Anführer des nächsten großen Schritts auf dem Mond sein. Die restlichen Raumfahrtprogramme dagegen haben Großes vor. Im Weltraum läuft wieder ein Rennen. Wer das gewinnt, steht allerdings noch in den Sternen.

Ein Überblick über die 8 Konkurrenten – bei denen auch private Wettbewerber mitmischen. 

Apollo 11 Astronaut Neil A. Armstrong during July 20, 1969 s history making voyage to the moon and subsequent lunar landing. CA USA PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY Copyright: xNASAx/xLegacyxCollection ...
Neil A. Armstrong schreibt 1969 Geschichte auf dem Mond.Bild: imago stock&people

Die USA wollen zurück 

Lange stand der Mars komplett im Fokus der US-Raumfahrtbehörde Nasa. Nun hat der Mond, auch auf Anweisung von US-Präsident Donald Trump, wieder einen Platz im Scheinwerferlicht eingenommen. 2021 will die Nasa dorthin zurückkehren – ohne Menschen und mithilfe privater Raumfahrtunternehmen. Zahlreiche Firmen bewerben sich um die lukrativen Aufträge. 2024 soll das Nasa-Raumschiff "Gateway" mit Astronauten an Bord folgen.

Die Pläne für die lunare Raumstation Gateway

"Gateway" soll den Mond umkreisen und Raumfahrern die Chance zu Exkursionen auf die Oberfläche bieten.
"Gateway" soll den Mond umkreisen und Raumfahrern die Chance zu Exkursionen auf die Oberfläche bieten.bild: Nasa

Dem will der Raumfahrtunternehmer Elon Musk zuvorkommen: Mit seinem Unternehmen SpaceX will er schon 2023 den japanischen Milliardär Yusaku Maezawa ins All schicken. Als erster Weltraumtourist soll er den Mond umrunden, gemeinsam mit sechs bis acht Künstlern aus aller Welt.

China redet von künftigen Kriegen im All 

China hat ein sehr aktives Mondprogramm. Als erste Raumfahrtnation will China noch in diesem Dezember eine Landung auf der Rückseite des Mondes versuchen.

Im Mai wurde der Übertragungssatellit "Queqia" – Brücke der Elstern – in eine bestimmte Position gebracht, um Signale aus dem Funkschatten der erdabgewandten Seite des Mondes zur Erde senden zu können. Das Landemodul "Chang'e 4", das nach der chinesischen Mondgöttin benannt ist, soll im wissenschaftlich interessanten Aitken-Krater nahe des Südpols des Mondes aufsetzen.

Präsentation des Landemoduls "Chang'e 4" im August.
Präsentation des Landemoduls "Chang'e 4" im August.bild: CAsc

2019 plant China eine weitere unbemannte Landung, um Gesteinsproben zur Erde zurückzubringen. Bis 2030 soll erstmals ein Taikonaut – so nennt China seine Raumfahrer – einen Fuß auf den Erdtrabanten setzen. Die Mondmissionen sind nur ein Teil des ehrgeizigen Raumfahrtprogramms Chinas, das auch den Bau einer Raumstation um 2022 vorsieht.

Chinas Raumfahrtvorhaben dienen nicht nur dem Prestige und der wissenschaftlich-technischen Entwicklung, verfolgt werden ganz klar auch militärische Interessen. Militärexperten in China verweisen gerne darauf, dass künftige Kriege im All gewonnen werden.

Auch das erste indische Raumschiff will los

Indiens Weltraumprogramm ist für das 1,3-Milliarden-Einwohner-Land eine Frage von Stolz und Prestige. Das machte Premierminister Narendra Modi deutlich, als er am Unabhängigkeitstag im August ankündigte, dass bis zum 75. Unabhängigkeitstag im Jahr 2022 "ein Sohn oder eine Tochter Indiens mit unserer Trikolore in der Hand ins All fliegen" werde.

Es wäre nicht der erste indische Astronaut im All, wohl aber der erste in einem indischen Raumfahrzeug. Auch die zweite Mondsonde des Landes, "Chandrayaan-2", soll eine rein indische Angelegenheit werden - wobei Russland ursprünglich den Lander beisteuern sollte.

Start der ersten Mondsonde Indiens "Chandrayaan-1"
Start der ersten Mondsonde Indiens "Chandrayaan-1"bild:  isro

Anhand von Daten eines Nasa-Instruments an Bord von "Chandrayaan-1" hatten US-Forscher im Jahr 2009 Spuren von Wasser auf dem Mond gefunden.

Der immer wieder verschobene Start des Nachfolgers ist derzeit für Januar 2019 geplant. Die Sonde beinhaltet diesmal neben einem Orbiter auch einen Rover, der unter anderem das Mondgestein chemisch analysieren soll. Als erste Mondmission soll "Chandrayaan-2" am Südpol des Erdtrabanten landen.

Auch Russland will bis 2030 zurück sein

Die ersten Kosmonauten sollen Anfang der 2030er Jahre auf dem Mond landen. 14 Tage sollen sie bleiben. Russland will anknüpfen, wo die Sowjetunion vor Jahrzehnten aufgehört hat: Nach technischen Pannen hatte Moskau in den 1970er Jahren seine kostspieligen Pläne für eine Mondlandung auf Eis gelegt.

Diesmal setzen die Russen bei der Erforschung des Mondes auf eine Zusammenarbeit mit den USA, Europa und China. Der Chef der Raumfahrtbehörde Roskosmos, Dmitri Rogosin, betonte aber jüngst, dass sich sein Land nicht mit der Rolle des Juniorpartners begnügen wolle.

KAZAKHSTAN - OCTOBER 11, 2018: Head of Roscosmos (Russian Federal Space Agency) Dmitry Rogozin (R) attends a send-off ceremony for Roscosmos cosmonaut Alexei Ovchinin and NASA astronaut Nick Hague of  ...
Rokosmos Chef Rogosin verabschiedet Astronauten in den Flug zur Soyuz MS-10 Mission.Bild: imago stock&people

Russland will sich auch an dem US-Projekt einer Raumstation beteiligen, die um den Mond kreisen soll. Von dort aus sollen Flüge tiefer ins All möglich sein, so die Hoffnung.

Für den Bau einer solchen Station entwickle sein Land Schwerlastraketen, sagte Rogosin. Vorher will Moskau noch mehrere Sonden zum Erdtrabanten schicken.

Europa träumt von einer "Moon Village"

Mit seinem Konzept des "Moon Village" hat der Chef der europäischen Raumfahrtorganisation Esa, Jan Wörner, vor einiger Zeit für Aufsehen gesorgt.
Seine Idee: Nicht ein kurzer Hin- und Rückflug solle das Ziel sein, sondern eine international gemeinsam von Industrie, Raumfahrtagenturen und öffentlicher Hand geschaffene Mond-Basis. Ein klassisches Esa-Programm ist das "Moon Village" aber nicht, nur eine Vision.

Vorbild eines solchen internationalen Projekts könne die Raumstation ISS sein, so Wörner.

Esa-Chef Wörner sagt:

"Bei allen technischen Schwierigkeiten, die es bei der ISS gab - es gab nie politische. Das ist etwas, was man in unserer volatilen Welt sehr hoch einschätzen darf."

Die Esa unterstützt andere Raumfahrtagenturen bei ihren Mond-Plänen vor allem mit Technik. Für die US-Raumkapsel "Orion" der Nasa hat die Esa jüngst ein Servicemodul geliefert - das Herzstück des Raumschiffes. Ohne dieses Antriebsmodul könnte "Orion" nicht fliegen.

ESAS Vision einer Moon Village.Video: YouTube/European Space Agency, ESA

Die Chinesen erhalten ebenfalls europäische Hilfe bei ihren Mondmissionen – etwa bei der Raumsonde "Chang'e-5", die ein Landefahrzeug auf den Mond bringen soll. Russland bekommt auch technische Unterstützung der ESA bei den Raumsonden "Luna 25" und "Luna 27". "Wir sind Teil der Mondgeschichte", so Wörner.

Mit der "Lunar Mission Campaign" bereitet die Esa zudem eine Robotermission zum Mond vor, um in der Folge eine menschliche Mondmission voranzubringen. Wie es dabei konkret weitergeht, ist noch offen - der Esa-Rat tagt erst Ende 2019 dazu.

Japan will außerdem auch mitmachen

Auch Japan hat den Mond fest im Blick. Die Hightechnation will sich an der Nasa-geführten Mission beteiligen, die ab Mitte der 2020er Jahre den Bau einer Raumstation in der Umlaufbahn des Mondes vorsieht.

Japan hegt die Hoffnung, eines Tages eigene Astronauten zum Mond schicken zu können. 2007 hatte Japan seine erste Mondsonde "Selene", auch "Kaguya" genannt, auf den Weg gebracht. Aufgabe des Drei-Tonnen-Orbiters mit zwei jeweils 50 Kilogramm schweren Satelliten war es, die Mondoberfläche zu erkunden.

Bildnummer: 51817059 Datum: 19.04.2007 Copyright: imago/UPI Photo
Selene (Selenological and Engineering Explorer) - Virtuelles Modell einer japanischen Mondsonde der Japan Aerospace Exploration Agenc ...
Mondsonde "Selene"bild: imago stock&people

Auf Aufnahmen der japanischen Mondsonde entdeckten Wissenschaftler einen alten Lava-Tunnel, der Forschern künftig als Mondhotel dienen könnte. Derzeit ist Japans Weltraumagentur Jaxa dabei, ein Landegerät zur Erkundung des Mondes zu entwickeln.

Die SLIM – Smart Lander for Investigating Moon – genannte Mission hat das Ziel, eine präzise Navigation zu einem bestimmten Landepunkt zu ermöglichen. Zudem wollen Japans Forscher mit dem Projekt die Technologie für ein kleines, leichtes Explorationssystem zur Monderforschung entwickeln.

Und Südkorea auch

Südkorea will im Raumfahrt-Wettlauf in Asien mit Japan, China und Indien mithalten. Dabei geht es der viertgrößten asiatischen Volkswirtschaft nicht nur um das Geschäft mit der Satelliten-Beförderung, sondern auch um Forschung.

Mit einem Rückwärtssalto das Hochhaus hinunter

Video: watson/Nico Franzoni, Adrian Müller

Bis Ende 2020 soll die mit technischer Hilfe der Nasa entwickelte Sonde "Korea Pathfinder Lunar Orbiter" (KPLO) an Bord einer Rakete des US-Raumfahrtunternehmens SpaceX zum Mond fliegen. Südkoreas erste Mondmission war ursprünglich für Dezember 2018 geplant.

Neben der Entwicklung der Technologien für künftige Raumflüge wird KPLO wissenschaftliche Instrumente einschließlich einer Kamera für die farbige Kartierung des Mondes an Bord haben. In der zweiten Phase des koreanischen Mondprogramms soll in Eigenregie unter anderem ein Mondlandefahrzeug entwickelt werden, wie es auf der Internetseite des Raumfahrtprogramms heißt.

Israel reicht ein Mini-Statement 

Die private israelische Organisation SpaceIL will Anfang 2019 mit einer kleinen Raumsonde starten und etwa zwei Monate später auf dem Mond landen.

Befördert werden soll "Sparow" – Spatz – von einer Falcon-9-Rakete des Raumfahrtunternehmens SpaceX von Tesla-Chef Elon Musk. Das unbemannte Mini-Raumschiff mit einem Gewicht von 585 Kilogramm und eineinhalb Meter Höhe soll eine israelische Flagge auf dem Mond aufstellen und das Magnetfeld untersuchen.

Start einer Falcon-9-Rakete 2018 in Florida.
Start einer Falcon-9-Rakete 2018 in Florida.Bild: imago stock&people

Initiiert wurde das Projekt 2011 als Teil des Wettbewerbs "Google Lunar X-Prize". Präsident von SpaceIL ist der israelische Milliardär Morris Kahn. Er trägt ein knappes Drittel der Gesamtkosten von umgerechnet 84 Millionen Euro. SpaceIL erhält auch Unterstützung von der israelischen Raumfahrtbehörde (ISA) und Israel Aerospace Industries (IAI).

(kr/dpa)

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